Rezension zu "Bien connaître les généalogies des rois de France" von Jean-Charles Volkmann
Das schmale Handbuch zur Genealogie der französischen Könige (und Kaiser) enthält Stammtafeln aller Dynastien und Familien, die seit dem 5. Jahrhundert über das Frankenreich und später über Frankreich herrschten. Das Buch beginnt mit den Merowingern und Karolingern. Es folgen die Kapetinger (987-1328) und deren drei Nebenlinien, die auf Grundlage des sogenannten Salischen Rechts die Krone erbten: Die Valois (1328-1589), die Bourbonen (1589-1792, 1815-1830) und das Haus Orléans (1830-1848). Das Buch endet mit der Familie Bonaparte. Der Autor, Jean-Charles Volkmann, bietet zusätzlich zu den Stammtafeln Kurzbiographien aller fränkischen und französischen Herrscher von Chlodwig bis zu Napoleon III. Der Kenner der Materie erfährt aus diesen Kurzbiographien nichts Neues. Text und Tafeln wechseln einander ab. Da die Stammtafeln vertikal gedruckt sind, muss der Leser beim Wechseln zwischen Text und Tafeln ständig das Buch drehen. Das ist nicht benutzerfreundlich. Ein weiteres Problem ist die Größe des Buches: Das Taschenbuchformat (19x12 cm) ist für ein genealogisches Tafelwerk nicht gut geeignet. Die Stammtafeln sind auf Vollständigkeit angelegt. Es werden sämtliche Ehepartnerinnen der Monarchen und anderen männlichen Mitglieder einer Herrscherfamilie angegeben, auch wenn die eine oder andere Ehe kinderlos blieb. Ebenso sind alle nachweisbaren Kinder aufgeführt, auch die im Säuglings- und Kleinkinderalter verstorbenen. In den Kapiteln über die Kapetinger und Valois beschränkt sich Volkmann auf die jeweiligen Hauptlinien, die die Königswürde besaßen. Mehrfach begründeten jüngere Königssöhne Nebenlinien, die bei Volkmann aber sämtlich ausgeblendet bleiben. Genannt seien nur das ältere und jüngere Haus Burgund sowie das ältere und jüngere Haus Anjou. Es fehlt auch die Nebenlinie der Herzöge von Bourbon und Grafen von Vendôme. Die Abstammung Heinrichs IV., des ersten Bourbonenkönigs, von Ludwig dem Heiligen lässt sich anhand des Buches leider nicht nachvollziehen.
Was die Bourbonen betrifft, so fehlen die Nebenlinien Condé und Conti, die einige bedeutsame Persönlichkeiten hervorbrachten. Volkmann führt zwar die illegitimen Kinder Heinrichs IV. und Ludwigs XIV. auf, nicht aber deren Ehepartner und Nachkommen. Problematisch ist das bei den illegitimen Kindern des Sonnenkönigs, die in die Nebenlinien Orléans, Condé und Conti einheirateten und dadurch Mitglieder der Königsfamilie wurden, ein Ausnahme- und Sonderfall in der Geschichte der französischen Herrscherhäuser. Die Zahl der Kinder, die aus den Beziehungen Ludwigs XIV. mit Louise de La Vallière und Madame de Montespan hervorgingen, gibt Volkmann zu hoch an. Louise de La Vallière gebar vier Kinder, nicht sechs, Madame de Montespan sieben Kinder, nicht acht. Die beiden letzten Kapitel über das Haus Orléans und die Familie Bonaparte reichen erstaunlicherweise bis in die Gegenwart. Sie enthalten viele entbehrliche Informationen. Beide Familien waren über Generationen hinweg sehr kinderreich und spalteten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts in mehrere Zweige auf, die wohl nur ein Experte auseinanderzuhalten vermag. Es kann als ausgeschlossen gelten, dass in Frankreich jemals das Königtum oder das Kaisertum restauriert wird. Die Thronansprüche der heute lebenden Mitglieder des Hauses Orléans und der Familie Bonaparte haben keinerlei Gewicht. Niemand muss diese Personen kennen. Volkmann führt Nachkommen des Bürgerkönigs Louis-Philippe auf, die nach dem Jahr 2000 geboren wurden. Verzichtbar sind auch die Angaben zu den Nachfahren von Napoleons Brüdern Lucien und Jérôme Bonaparte. Es ist unklar, warum Volkmann den Kindern und Enkeln von Napoleons Schwester Caroline aus der Ehe mit Joachim Murat eine separate Stammtafel gewidmet hat (S. 121).
Ungeachtet der beschriebenen Mängel und Eigenartigkeiten ist das Buch brauchbar und nützlich. Auf begrenztem Raum bietet es genealogische Informationen zu allen Dynastien und Herrscherfamilien der französischen Geschichte. Eine vergleichbare Darstellung gibt es auf dem deutschen Buchmarkt nicht. Deshalb ist Volkmanns Buch auch für deutsche Leser von Interesse. Vorkenntnisse zur Geschichte der einzelnen Dynastien und ein Mindestmaß an Routine in der Arbeit mit Stammtafeln erleichtern sicherlich die Benutzung.