Rezension zu "Die Tyrannei der Lust" von Jean-Claude Guillebaud
Guillebaud beschäftigt sich mit der Sexualität in unserer Gesellschaft. Ihn interessiert zunächst der historische Aspekt: wie definierte man in früheren Zeiten Sexualität, wie lebte man sie aus, welchen Tabus unterlag sie? -- Für die heutigen Zeiten stellt er eine Übersensualisierung fest, die so garnichts mit der Häufigkeit ihrer Praktizierung zu tun hat. Der gesamte öffentliche Raum ist überflutet von Werbung, Fernsehen, Ansprüchen, die den Einzelnen selbst im Bereich der Sexualität unter Leistungsdruck stellen. Dass dies in vielen Fällen scheitert und Versagensängste hervorruft, ist klar. Und: das von den Medien geprägte Bild des sexuell Aktiven, des sexuell Freien ist auch eine völlige Verkennung der Realität. Tatsächlich - so auch Guillebauds Feststellung - ist das Sexualleben des Normalbürgers unter- bis gerade so durchschnittlich. Eine interessante zeitkritische Studie.