Cover des Buches Direkter Zugang zum Strand (ISBN: 9783492056991)
Rezension zu Direkter Zugang zum Strand von Jean-Philippe Blondel

Ein feiner Buchtipp

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 9 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 9 Jahren
Jean-Philippe Blondel hat mit "Direkt Zugang zum Strand" einen wirklich bemerkenswerten kleinen Roman geschaffen, der seine Episoden, die 1972, 1982, 1992 und 2002 an der französischen Küste spielen, brillant verknüpft.
Der Autor erzählt von ganz unterschiedlichen Personen, deren Träume und Wünsche, von ihren Sorgen und Hoffnungen. Doch natürlich gibt es auch Enttäuschungen, unerfüllte Sehnsüchte und ungesagte Worte...
Das Buch beginnt mit einem Jungen namens Philippe Avril, der mit seinen Eltern Strandurlaub macht - obwohl der Vater die Berge liebt und überhaupt unentwegt zankt, die Mutter lieber die Nähe des Paradiesvogels Natascha sucht und Philippe selbst am liebsten in den strandnahen Mickey Mouse Club möchte. Über die hohe Hecke kann er die anderen Kinder nur erkennen, wenn sie auf die Rutsche geklettert sind, was für Philippe genug Versprechung bedeutet. Stattdessen verbringt er den Tag alleine und nervt seine Eltern damit, das er ein Eis möchte oder ein neues Spirou-Heft. Durch Zufall lernt er den gleichaltrigen Benoît kennen, mit dem er einen Plan schmiedet. Doch dieser Plan kommt nie zustande und der Leser erfährt erst 10 Jahre später mehr über Benoît...
1992 lernen wir Hannah kennen, eine junge Frau, die aus Ostdeutschland stammt und nun ihren ersten Urlaub bei ihrem Onkel macht. Sie steht noch ganz unter dem Eindruck des Mauerfalls und wundert sich sehr über das Anspruchsdenken ihrer Verwandtschaft, die schon Jahrzehnte in Frankreich lebt.
2002 macht sich Vincenz auf zu ein paar Tagen am Meer - dort trifft er seinen ehemaligen Lebensgefährten und dessen Frau, mit denen Vincenz inzwischen eine enge Freundschaft verbindet.

Bemerkenswert ist, wie der Autor all diese Eindrücke aus den Leben unterschiedlichster Menschen verknüpft. Manchmal sind es nur kurze Begegnungen, flüchtige Entscheidungen, unbedachte Handlungen oder Emotionen, die das Leben eines eigentlich fremden Menschen ändern. Und manchmal sogar, ohne dass man es ahnt. Manchmal ahnt man selbst als Leser die Verknüpfungen nicht sofort und ich war mehrmals richtig überrascht, wie gelungen Blondel dies hinbekommen hat.
"Direkter Zugang zum Strand" ist ein kluges Buch, das nachdenklich macht: wie viele Entscheidungen hat man wohl schon unterbewusst getroffen und dabei ein anderes Leben beeinflusst?
So ist das Puzzle, das sich allmählich zusammenfügt mal tragisch, mal optimistisch, mal schmerzhaft und leichtfüssig. Ein beeindruckendes Werk, das mit 160 Seiten leider viel zu schnell gelesen ist.

Fazit: Man muss dabei blieben, damit man die feinen Bande und leisen Hinweise erkennt, aber man wird belohnt, mit einer tollen Komposition an Geschichten. Nicht nur am Strand oder in der Sonne lässt sich dieses Buch wunderbar lesen und deshalb wünsche ich ihm eine große Leserschaft.
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