Das schmale und handliche Büchlein von Jean-Philippe Cénat richtet sich an Schüler der Oberstufe, Studierende und historisch interessierte Laien, die sich erstmals mit Ludwig XIV. beschäftigen. Als kompakte Überblicksdarstellung ist das klar und verständlich geschriebene Buch rundherum gelungen. Der Text umfasst etwa 150 Seiten. Er ist in drei Teile mit jeweils drei Kapiteln gegliedert. Der erste Teil ist Ludwigs Kindheit und Jugend gewidmet, der zweite den "Jahren des Ruhms" (1661 bis 1683), der dritte den langen Kriegen, Rückschlägen und Krisen zwischen 1683 und dem Tod des Monarchen. Cénat hat ein kleines Kunststück vollbracht: Auf begrenztem Raum behandelt er Leben und Herrschaft des Sonnenkönigs, ohne dass es zu problematischen Verkürzungen und Vereinfachungen kommt. In enger Anlehnung an den aktuellen Forschungsstand zeichnet Cénat in knappen Strichen ein Bild von der Funktionsweise der französischen Monarchie unter Ludwig XIV. Er schildert die Zusammenarbeit zwischen dem König und großen Ministern wie Colbert und Louvois und arbeitet die Schwerpunkte der Innen- und Außenpolitik heraus. Auch das prachtvolle Hofleben in Versailles und die Blüte der Künste und Wissenschaften in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts finden Berücksichtigung.
Cénat betont, dass Ludwig XIV. nicht den Ehrgeiz besaß, Frankreich durch umfassende Reformen zu modernisieren. Während der langen Herrschaft des Königs vollzog das Land keinen Entwicklungssprung. Der Monarch und seine Minister beschränkten sich darauf, die Effizienz des angestammten Verwaltungs- und Finanzsystems zu erhöhen. Die Steuereinnahmen stiegen und ermöglichten einen gewaltigen Ausbau von Armee und Flotte. Anders als es seine zeitgenössischen Kritiker behaupteten, strebte Ludwig XIV. nicht danach, Europa einer französischen Universalmonarchie zu unterwerfen. Wie Cénat ausführt, hatte die auftrumpfende Außen- und Kriegspolitik des Königs eine defensive Zielsetzung: Es ging darum, durch Gewinn neuer Gebiete den Grenzverlauf zu optimieren und die Sicherheit des Königsreiches zu steigern. Nur für kurze Zeit nahm Frankreich in Europa eine dominierende Stellung ein. Als Ludwig XIV. 1715 starb, hatte sich bereits das Gleichgewicht der Mächte herausgebildet, das im 18. und 19. Jahrhundert die Staatenbeziehungen in Europa prägen sollte. Der Verlag hat das Buch mit einer Stammtafel und zwei Landkarten ausgestattet. Auf Abbildungen wurde hingegen verzichtet. Wer sich nach der Lektüre des Buches vertiefend mit Ludwig XIV. und der Geschichte Frankreichs im 17. Jahrhundert befassen möchte, der findet in der thematisch gegliederten Bibliographie (S. 159-162) nützliche Hinweise.
Aus der Feder deutscher Historiker gibt es Bücher über Ludwig XIV., die in Umfang und Zielsetzung Cénats Buch ähneln. Cénats Buch ist den Werken von Mark Hengerer (2015) und Anuschka Tischer (2016) jedoch eindeutig überlegen. Wer Französisch lesen kann, sollte deshalb Cénat den Vorzug geben.