Cover des Buches Wenn die Liebe tanzen lernt (ISBN: 9783442482726)
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Rezension zu Wenn die Liebe tanzen lernt von Jean Kwok

Aus dem Nichts entspringt ein Universum

von Nirtak_Ehcstuk vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Eher unkitschig und flüssig zu lesen. Habe mich gut unterhalten gefühlt, weil es wegen der Protagonistin unerwartet originell war.

Rezension

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Nirtak_Ehcstukvor 8 Jahren
Manchmal möchte man sich einfach gemütlich zurücklehnen und eine unkomplizierte Geschichte genießen, die einen gefangen nimmt. Kennt ihr das ebenfalls?
Zu dieser Kategorie Roman zählt eindeutig auch Wenn die Liebe tanzen lernt. Überraschenderweise war dessen thematischer Schwerpunkt aber etwas anders, als der eher blumige Titel und die rosafarbene Aufmachung vermuten ließen. Deshalb möchte ich euch heute voller Überzeugung die Geschichte einer jungen chinesischen Frau ans Herz legen, die mit Hilfe des Tanzens zu sich selbst findet.

Charlie Wong ist etwa 20 Jahre alt und lebt in ärmlichen Verhältnissen mit ihrem abergläubischen Vater und ihrer hochintelligenten 11-jährigen Schwester Lisa in Chinatown, New York. Ungeschickt wie sie ist, arbeitet sie seit Jahren als Tellerwäscherin in einem Nudelrestaurant und wagt wegen ihrer Selbstzweifel kaum auf eine bessere Zukunft zu hoffen. Charlies kleine Schwester hingegen glaubt an sie und bringt sie dazu, sich ohne Wissen des Vaters als Rezeptionistin in einem bekannten Tanzstudio vorzustellen. Wie ungeeignet sie für diese Tätigkeit ist, zeigt sich dann schnell. Ein glücklicher Zufall offenbart hingegen, dass Charlies Füße wie geschaffen für das Tanzen sind. Mit Hilfe ihrer Kollegen entdeckt sie langsam ihr unglaubliches Talent und ihre Liebe zu lateinamerikanischen Rhythmen, wodurch sie schließlich das Interesse eines besonderen Mannes weckt. Doch je mehr sich Charlie von den traditionellen chinesischen Moralvorstellungen ihres Vaters emanzipiert, desto schwerer fällt es ihr, diese völlig andere Welt vor ihm zu verbergen.

Im Mittelpunkt des Romans steht eine Protagonistin, die sich ihrer Fähigkeiten bewusst wird und dadurch zu neuem Selbstbewusstsein findet. Die eingebaute Romanze dient hierbei eher der Verdeutlichung ihrer Charakterentwicklung. Ich fand das wirklich fesselnd und konnte das Buch bis zum Ende nicht aus der Hand legen. Die zunächst tollpatschige, unsichere Charlie ist sehr liebevoll beschrieben und erzeugt einfach Anteilnahme. Sozusagen aus dem Nichts heraus entdeckt sie ein völlig neues Universum an Möglichkeiten für sich. Der Kontrast zwischen dem traditionell eingestellten Vater und den in Amerika geborenen Töchtern wird deutlich geschildert. Hierdurch kann der Leser einen Blick auf Familienleben, Einstellungen und Probleme chinesischer Einwanderer erhaschen. Das verleiht dem Roman nicht nur eine gewisse Originalität, sondern erlaubt außerdem die Einführung einiger interessanter Nebencharaktere. Beispielsweise wird geschildert, dass Charlie unter Anleitung einer weisen alten Patentante bereits seit Jahren Tai-Chi ausübt. All das ist flüssig in der Ich-Perspektive erzählt, weshalb man gern ihrer Stimme folgt.

Etwas irritiert hat mich indes gegen Ende die Nebenhandlung über Lisa. Als zweiter Spannungsbogen ist sie einfach nicht so recht gelungen. Zwar baut sich hintergründig ein Gefühl der Bedrohung auf, doch leider ist des Rätsels Lösung dann zu durchsichtig und langatmig geraten. Zudem bewegt sich dieser Erzählstrang sogar von der Hauptgeschichte weg, ohne dass beide merklich Einfluss aufeinander ausüben. Das ist ein wenig schade, allerdings in meinen Augen die einzige Schwäche in der Konzeption.

Wenn die Liebe tanzen lernt erfindet vielleicht nicht gerade das Rad neu, spielt aber ein wenig mit den Erwartungen des Lesers. Als Lektüre, die sich gezielt an Frauen richtet, kommt sie insgesamt erfrischend untypisch daher. Mal abgesehen von der fast plakativen Darstellung einer Tellerwäscherin auf dem Weg zur Profitänzerin, umschifft Jean Kwok nonchalant die allzu seichten dramaturgischen Gewässer. Äußerst charmant thematisiert sie Familienbande, den Willen zum Erfolg, Liebe und die Verwirklichung eines Traumes. Ganz nebenbei entsteht beim Lesen außerdem der unbändige Drang, Tai-Chi auszuprobieren oder das nächste Tanzstudio zu stürmen. Am Ende ist dieser Roman also sättigendes Lesefutter für zwischendurch, das auch noch dazu inspiriert, sich aus der Kuschelecke zu wagen.

Katrin, www.inkunabel.wordpress.com
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