Rezension zu "Fips versteht die Welt nicht mehr" von Jeanette Randerath
Ein Bilderbuch über Eltern, die sich streiten und trennen und ihren Sohn damit in einen Loyalitätskonflikt bringen, der ihm so zu schaffen macht, dass er sich zurückzieht oder auch um sich beißt, bis er an die Hand genommen wird und erkennt, dass er eine eigenständige Persönlichkeit ist und jeden liebhaben darf
Für Kinder ab 3 Jahren
Manchmal bedarf es gar nicht viel, um eine intensive Geschichte zu erzählen, die Kindern, die sich in einer schwierigen Situation befinden wichtige Botschaften an die Hand zu geben. Die Kinderpsychotherapeutin Jeanette Randerath erzählt hier die Geschichte des kleinen Hundes Fips, dessen Eltern sich über das freche, aufmüpfige Verhalten ihres kleinen Sohnes mokieren, sich aber überhaupt nicht im Klaren darüber sind, dass sie selbst mit ihren ständigen Streitereien und letztendlich der Trennung Auslöser für dieses Verhalten sind. Denn eigentlich ist Fips der Leitragende.
Gut das es den alten Bruno gibt, der so etwas wie die gute Seele der Junghundewelt ist. Er schaut nach dem Rechten und sorgt sich um die Kleinen. Das Fips Probleme hat fällt ihm sofort auf. Nicht nur dass er einen Streit mit der Mutter beobachtet und erlebt, wie genervt der Vater mit ihm umgeht, er sieht auch wie sich Fips von den anderen Hundekindern absondert. Fips wollte nicht mit den anderen spielen. "Er war ganz traurig, durcheinander und wusste selbst nicht so recht, was mit ihm los war."(Zitat)
Als die Mutter am nächsten Morgen mit Fips zu Bruno geht um ihn um Rat zu fragen nimmt sich Bruno gern dem Kleinen an. Die beiden mochten sich und so freut sich Fips auch, als Bruno ihn fragt ob er ein bisschen bei ihm bleiben möchte.
Bruno erzählt Fips eine Geschichte in es ganz viel Parallelen zu seinem eigenen Leben, zu seiner Situation mit den Eltern, seinen Gefühlen und Ängsten gibt. Durch die Geschichte und das Gespräch mit Bruno erkennt Fips, dass er überhaupt keine Schuld an der Trennung der Eltern und an den Streit der Eltern hat und dass er eine eigenständige Persönlichkeit ist, die sich nicht auf eine Seite schlagen muss, sondern beide Elternteile gleich liebhaben darf.
Dabei muss Fips aber auch bereifen, dass die Eltern dauerhaft getrennte Wege gehen werden, auch wenn er sich wünscht das alles so wie früher wird.
Fips ist Fips. Er hat etwas von seiner Mutter und etwas von seinem Vater in sich aber auch ganz viel was nur ihn ausmacht alles zusammen macht ihn zu etwas ganz besonderem, einem eigenständigen Wesen. Zu Fips, der toll ist, so wie er ist und zu dem Mutter- und Vatergefühle gehören egal ob sie zusammen oder getrennt leben.
Die Kinder erleben diese zauberhafte, sehr ausdrucksstarke, gefühlvolle Geschichte begleitet von wundervollen Illustrationen, die die Geschichte sehr nahbar machen. In den Illustrationen sehen sie Situationen und Gefühle visualisiert, die ihnen vielleicht irgendwie bekannt vorkommen.
Dadurch das Fips ein Hund ist, der wird eine besondere Ebene geschaffen, in der Kinder selbst entscheiden inwieweit sie die Geschichte wirklich an sich heranlassen. Das, was Fips erlebt ist, 1:1 in die Menschenwelt zu übertragen, es muss aber nicht vom Kind so erlebt werden. Distanz wahren oder Nähe- und Verbindungen zulassen das entscheidet das Kind selbst, wobei schon zu erkennen ist, dass die Kinder in der Regel sehr genau die Parallelen sehen und daraus auch Trost, Mut und Selbstvertrauen für ihre eigene Situation ziehen.
Die Geschichte hilft und ermutigt Kinde ihre eigene Persönlichkeit zu entdecken.
Jeanette Randerath vermittelt hier ein wirklich gutes Bild der gängigsten Probleme die Kinder bei der Trennung der Eltern haben.
Die Kinder geben sich die Schuld und hoffen, dass alles gut wird, wenn sie lieb sind.
Die Kinder haben das Gefühl es beiden Elternteilen recht machen zu müssen, wollen den anderen Elternteil nicht enttäuschen und geraten so in einen Zerreißzustand, den sie überhaupt nicht bewältigen können.
Fips hat Glück, dass es Bruno gibt, der ihn einfühlsam begleitet. Bruno erzählt ihm erst einmal einfach eine Geschichte. Nach und nach taut Fips auf und stellt Fragen, zum Verhalten innerhalb der Geschichte. Fragen, die er nicht ohne Grund stellt. es sind Fragen, die er eigentlich stellt, um für sich und seine Situation Antworten zu finden. Ganz behutsam traut sich Bruno dann auch Fips etwas zu fragen. Durch dieses langsame Hinführen gewinnt Fips noch mehr Vertrauen und öffnet sich emotional so, dass Bruno zu ihm durchdringen kann ohne Fips auszufragen oder den Fokus zu sehr auf seine Situation zu lenken. Fips kann so seine Gefühle, mit denen des Hundes in der Erzählung verbinden und für sich ganz viel herausziehen, dass ihn das Erlebte nicht nur verarbeiten, sondern auch verstehen lässt. So geht Fips sehr gestärkt aus der Geschichte heraus, an dessen Ende er im Grunde das erste Mal in seinem Leben erkannt hat, dass es eine eigenständige Persönlichkeit ist. Es klingt vielleicht etwas übertrieben, aber es ist schon so, dass er zu sich selbst gefunden hat. Er definiert sich nicht mehr nur über seine Eltern, sondern hat seine eigene Stärke erkannt, was vor allem durch ein Bild visualisiert wird, auf dem er in eine Regentonne blickt und sein Spiegelbild entdeckt. Das Bild spricht Bände und hat nicht selten zur Folge, dass Kinder nach der Buchbetrachtung einen Blick in den Spiegel werfen. Der bewusste Blick in den Spiegel, um zu erkennen, wer man ist, ist ein anderer Blick als der tägliche Blick beim Zähneputzen oder Kämmen und eröffnet eine ganz neue Perspektive.
Wie erleichtert, befreit und gestärkt Fips aus dem Nachmittag mit Bruno herausgeht erkennen wir nicht nur über die Bilder, sondern auch am Ende des Gespräches in dem Fips Bruno grinsend wissen lässt, dass die Geschichte, die Bruno gerade erzählt hat doch wohl Brunos eigene Geschichte gewesen ist, worauf hin Bruno Fips für seinen Scharfsinn lobt und sagt: "Du bist ja ein ziemlich schlauer kleiner Hund."
Ja, Trennungen gab es immer und wird es immer geben. Gut, wenn die, die es schon erlebt haben sich denen, die gerade in der Situation sind vertrauensvoll und einfühlsam zur Seite stehen.
Wer weiß, vielleicht erzählt Fips ja eines Tages einem anderen Hundekind in einer ähnlichen Situation, seine Geschichte.
Und wer weiß, vielleicht gibt es ja auch irgendwann einmal ein Kind, das davon erzählt, dass es dieses Buch vorgelesen bekommen hat und dabei Trost und Stärkung erlebt hat.
Tragt die Geschichte weiter, sie ist so schön aber vor allem so hilfreich und stärkend.
Das Buch endet mit einem Nachwort von Ingrid Schwarz die Therapeutin im Kinderschutz-Zentrum Stuttgart