Frankfurt ruft und Vertreter von Beneluxländern sind auch schon da .Einmal im Herbst findet in der hessischen Metropole am Main die größte Buchmesse Deutschlands statt was Zigtausende von Bücherfans und Leseratten auch aus unseren Nachbarländern beständig anlockt. Die Frankfurter Buchmesse gehört ja zu den international bedeutendensten Messen dieser Art und wurde einige Jahre später nach Kriegsende des zweiten Weltkrieges gegründet. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sie sich immer weiter, bekam thematische Schwerpunkte und dann später jedes Jahr ein neues Gastland. Dieses Jahr stellen sich die Niederlande .den Älteren noch als Holland bekannt gemeinsam mit Flandern literarisch dort vor .In Flandern leben die meisten niederländisch sprachigen Belgier was naheliegend zu einer gemeinsamen Repräsentation führte.. Hier lassen wir uns von seiner reichen Kulturlandschaft und den opulent ausgestatteten Kunststädten begeistern .Brügge, Antwerpen und Gent gehörten im Mittelalter zu den wohlhabendsten Städten Europas. Urbanisierung , Welthandel und Religionsfreiheit sorgten für ein solides Fundament einer Blütezeit die zu einer wahren Bilderflut im Goldenen Zeitalter der Malerei führte. Man könnte dennoch den Eindruck bekommen aufgrund schlimmer Vorstellungen vieler angesichts steigendem Meeresspiegel , im stetig voranschreitenden Klimawandel begründet , daß man diese Region irgendwie schon abgeschrieben hätte so wenig scheinen sie noch auf ihrem Radar zu haben. Zwar scheinen Tausende zur Buchmesse zu strömen aber kaum welche zu den Regalen niederländischer bzw. Autoren aus Flandern in den gut sortierten Buchläden zu verirren. Flach , flacher und noch einmal flacher scheint zwar die Landschaft dieser Region .die ich auch schon besuchen durfte , zu sein aber die Literatur zeigt sich doch dort vielmehr von ihrer tiefgründigen Seite – wenn sie die Chance hat sich überhaupt ausreichend irgendwo zu präsentieren. Kleinere Länder Europas haben nun mal ihre Schwierigkeiten gegen die besonders offensive Vermarktungsstrategie angelsächsischer großer Verlagshäuser zu bestehen. Im Mutterland des Buchdrucks Deutschland kommen jeden Tag etwa 300 neue Bücher auf den Markt und besonders Russland und China auf den nächsten Plätzen holen gewaltig in der Buchproduktion auf. Auf dem Markt der Kriminalliteratur stehen belgische und niederländische Autorinnen und Autoren einer schier unüberwindlicher Riesenbücherwand skandinavischer Vertreter und Vertreterinnen gegenüber .Es vergeht kaum ein Wochenende in unserer Fernsehwelt wo nicht Verfilmungen von Arne Dahl ,Staalesen ,Mankell , Olsen ,Nesbo oder Läckberg erfolgreich laufen. Erweist sich der gezeigte Kriminalfall mal als nicht so mitreißend so erfreuen wir uns zumindest kompensiernd an wunderschönen Schäreninselbildern und schmucken roten Holzhäusern die förmlich nach uns bei der nächsten Urlaubsplanung rufen. Dennoch hat auch Flandern literarisch vieles zu bieten. Da das Böse im Menschen ,keine Grenzzäune kennend ,überall ist treibt es auch hier sein schreckliches Unwesen und bietet somit den Stoff für gesellschaftskritisch anspruchsvolle Kriminalliteratur. Georges Simenon als bekanntester Krimiautor Belgiens ist so gut wie jedem bekannt aber bei einem kleinen Quizspielchen mit der Fragestellung weiterer Krimiautoren , andere literarischer Größen oder prägende Verfilmungen zu nennen würde ich wie viele bestimmt auch stark ins Grübeln kommen. Jef Geeraets ist einer von ihnen den man jederzeit hätte nennen können. Der in Antwerpen geborene ist Flanderns profiliertester Krimiautor und gleichzeitig auch einer ihrer unbequemsten. " Ich werde als Autor bezeichnet, doch ich selbst sehe mich in erster Linie als Journalist. Mit anderen Worten: Meine Bücher handeln von Situationen, die ich selbst ganz genau kenne, von Gegenden, in denen ich lange genug gelebt habe, um mich mit ihnen vertraut zu machen, und von Dingen, die ich am eigenen Leib erfahren habe. Ich würde mich als Journalist bezeichnen, der sorgsam auf Sprache, Klang und Stil achtet, nichts weiter. Jacques Brel sagte immer: ›Man muss es selbst gesehen haben.‹ Recht hat er.Ich kann nur einen einzigen Grund für diese Haltung angeben, nämlich dass ich schrecklich neugierig bin und eigentlich überhaupt keine Fantasie habe. Ich fühle mich nur wohl, wenn ich mein Kameraauge in ungewohnter Umgebung benutzen kann, weit weg von zu Hause, unter Menschen, die eine andere Sprache sprechen, eine andere Kultur haben, anders denken, essen, trinken, sich bewegen, in Ländern, wo die Luft dünner oder schwerer ist, die Wälder größer, die Berge höher, die Tiere wilder, die Frauen anders, aber genauso faszinierend. An solchen Orten regeneriert sich mein Geist, und zu Hause verändert es meinen Blick auf die westliche Kultur und Geschichte, die mich trotz allem nicht loslässt ". Schon von Anfang an scherte er sich wenig um gesellschaftliche Akzeptanz, wenn er politische Gewissenslosigkeit , Korruption und Machtmissbrauch anprangerte. Sowohl die Institution Kirche als auch das belgische Königshaus ,der koloniale Militär - und Machtapparat standen an dem Pranger in seinen Büchern und lösten dadurch oft heftige Skandale aus. Explizite , nie weichgezeichnete erotische Beschreibungen, poetische Sprache , die aber knallhart bei Bedarf fesselnde Spannungsbögen auf bauen kann und oftmals ein sehr lakonischer nüchterner Blick auf bestehende Machtstrukturen seines Heimatlandes. Düster, düster oft abgrundschmutzig diese entlarvende Fixierung der ihm oft die Beschimpfung „ Nestbeschmutzer „ seitens seiner Landsleute einbrachte. „ Gefahr der Entstehung von Parallelgesellschaften in Deutschland ? „ Ein vieldiskutiertes durch die Flüchtlinge aufgeworfenes Thema , das in Belgien keins mehr sein zu scheint. Denn die Parallelgesellschaften sind bereits fest etabliert da in Form von herrschenden ausländischen Clans. hier in seinem Buch Codex R. , die der rivalisierenden aus Albanien. Zwei plus zwei plus zwei plus zwei scheint die strukturgebende Erfolgsformel in senem Krimi zu sein .der deutlich zeigt dass man sich krimitechnisch nicht hinter Olsens ,Nesbos , Mankells und Nessers zu verstecken braucht. Zwei Länder mit Albanien und Belgien, zwei verfeindete Banden , dessen oft schwer auszusprechende Nachnamen wir naheliegend uns besser ersparen. Zwei Liebschaften die zerrissen enden und zwei Gegenspieler im Ermittlungsapparat sind Zutaten eines düsteren Krimis bei dem am Schluss eigentlich alle verlieren und viele Gräber ausgehoben werden müssen. Über den Gräbern schwebt unheilvoll der Begriff Kanun , die noch heute überlieferte Gesetzesssammlung der Albaner die Gewohnheitsrechte in vielen Lebensbereichen wie auf Stammesebene strikt regelt so auch das Thema Blutrache .Zentralgewalten werden bis heute nicht anerkannt , ausländische natürlich erst recht nicht .Kein Wunder war und ist Albanien bis heute eines der ärmsten und abgelegensten Gegenden Europas. In abgeschnitten Bergtälern blieb nur diese Form des Regelns gemeinschaftlichen Lebens mit all seinen Problemen. Guter ,aber schwerer Tobak , der auch die Grundlage für eine interessante Verfilmung anbot , denn diese zwei Länder inklusiver grundlegender verschiedener Kulturen rufen nach einem beständigen Drehortwechsel und zwei vermeintlich gleich starke polizeiinterne Gegenüber nach den zwei beliebtesten belgischen Schauspielern : Koen De Bouw als Kommissar Vincke und Filip Peeters als Inspektor De Kayser ,die sich schon in den erfolgreichen Filmen LOFT - TÖDLICHE AFFÄREN und DER EINDRINGLING gekonnt gegenüber standen. Auch hier zu entlarvende Intrigen in einem Provinzort oder unter Freunden in einem Liebesnest auf dem Dach. wo alle heimlich per geschenkten Zugangsschlüssel ihre erotischen Fantasien ohne Ehepartnerinnen ausleben dürfen. Ein also gelungener fesselnder Bandenthriller unter dem Namen „ Ungesühnt – Das Recht auf Rache „ des Regisseurs Jan Verheyen , der sich auch schon für die oben genannten belgischen Kassenschlagern verantwortlich zeigte.. Eine dritte Buchverfilmung die von Double Face soll in Arbeit sein .Eine späte Genugtuung für Jef Geeraets , der leider letztes Jahr schon verstarb. Über gelegentliche ethnische " Fehltritte " müssen wir in seinen Romanen und Verfilmungen hinwegsehen. Wir werden leider nie erfahren ob sie in der schwierigen Vita des Autors ,Kriegsverletzter , zu suchen sind oder einfach der Provokation dienten.Aber nicht selten muss man erst gehen von diesem Planeten um endlich gebührend anerkannt zu werden und als Vorbote für andere lesenswerte Autoren und Autorinnen aus der gleichen Gegend wie Saskia de Coster , Jan Brokken, Charlotte Van de Broeck, Funny van Danne,Margriet de Moor, Hella S. Haasse,Dimitri Verhulst,Gerbrand Bakker, Otto de Kat ,Hugo Claus, Joost de Vries, Tessa de Loo, und wie sie alle heißen, zu dienen die darauf warten von hinteren Rängen auf vordere Plätze durch uns gesetzt zu werden. Die kommende Buchmesse ist mal wieder eine solche Chance .Nutzen wir sie nun endlich :D. Danke
Es hat sogar hier bei Lb eine eigene Gruppe NEDERLANDE LITERATUUR ,die immer darauf wartet wieder wachgeküßt zu werden.Danke