Cover des Buches Manhattan Beat (ISBN: 9783746621012)
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Rezension zu Manhattan Beat von Jeffery Deaver

Ein Frühwerk Deavers, das man sich getrost sparen kann

von Stefan83 vor 13 Jahren

Rezension

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Stefan83vor 13 Jahren
Es ist wohl zweifelsohne eine Tatsache, dass jeder Autor mal klein angefangen hat. So auch Jeffery Deaver, der mit seiner Rhyme-Sachs-Reihe in die Riege meiner unangefochtenen Lieblingsautoren gehört. Im Falle seines Frühwerks "Manhattan Beat", dem ersten Teil der dreibändigen Nancy-Drew-Reihe, hat er allerdings sehr klein angefangen, den der mit "nervenzerreißender Spannung" angepriesene Thriller, konnte meine schon heruntergeschraubten Erwartungen in keinster Weise erfüllen. Vielmehr war es eine derbe Enttäuschung. Die Story, sofern man bei diesem banalen 0815-Plot von so etwas reden kann, ist schnell erzählt. Nancy "Rune" Drew, 20-jährige Kassiererin in einer Videothek, Möchtegern-Punk und Unangepasste aus Überzeugung, wird unfreiwillig in einen Mordfall verwickelt. Robert Kelly, Kunde in ihrer Videothek wurde brutal ermordet und der von ihm ausgeliehene Film "Manhattan Beat" scheint irgendwie damit zusammenzuhängen. Was tut man in so einem Fall als 20-jährige? Richtig, man lässt den Job Job sein, schlägt den Rat der Polizei (die in diesem Buch nur störendes Beiwerk zu sein scheint) in den Wind und nimmt selbst die Recherchen auf. Und wie spannend doch so ein Mordfall ist. Da werden alte Fabriken in Runes Fantasie schon mal zu Schlössern, ihr neuer Yuppie-Freund zum edlen Ritter und sie zur "Damsel in distress". Kündigt der Klappentext noch eine Heldin mit Herz und Humor an, bleibt auf den Seiten letztendlich nur eine unerträglich tough-naive Frühreife, die mit ihrer Dämlichkeit (ein anderes Wort will hier schlichtweg nicht passen) schon nach fünfzig Seiten an den Nerven des Lesers zerrt. Von Logik oder gar Tiefe im Plot keine Spur. Stattdessen kämpft man sich durch Runes zielloses Herumstolpern, also die Ermittlung, bei der so jeder erdenkliche Fettnapf mitgenommen wird. Der angepriesene Humor ist derart banal und schwach, dass selbst Lachgasgeschädigten wohl das Schmunzeln auf den Lippen wegstirbt. Da wird John Rambo mit Rimbeau verwechselt (Gott, ist das witzig) und die Buchstaben W.C. an einer Klotür lassen Rune vermuten, dass es sich dabei um die Initialen des Architekten handelt. Mehr als einmal musste ich auf dem Deckblatt nachschauen und mich versichern, wirklich einen Deaver gekauft zu haben. Lediglich die ersten und letzten 20 Seiten deuten an, dass hier wirklich der Mann am Werk war, der gute zehn Jahre später mit dem Knochenjäger für fingernagelkauende Spannung gesorgt hat. Ein Jahrzehnt früher fehlt all das noch, denn auch die anderen Figuren in "Manhattan Beat" bleiben flach und uninteressant. Die Vermutung, Deaver habe den Roman zwischen einem Donut und einem Kaffee in der Mittagspause zur Papier gebracht, drängt sich mit jeder weiteren Seite mehr auf. Spannung bleibt Mangelware, da hilft auch die hanebüchende Wendung am Schluss nicht. Und wenn die kleine Rune schließlich realisiert, das New York kein Zauberreich, sondern lediglich eine große Stadt voller guter und schlechter Menschen ist, knallt man das Buch mit pappigen Mund zur Seite. Insgesamt ist "Manhattan Beat" ein erschreckend schwaches Deaver-Frühwerk, das den Anspruch eines Thrillers auf keiner Seite erfüllen kann.
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