Meyers Biographie ist gut lesbar und brachte durch intensive Recherche zum
Zeitpunkt ihres Erscheinens (1991) einiges neues Material ans Tageslicht.
Joseph Conrads Charakter und sein bewegtes Leben werden einfühlsam greifbar
gemacht. Ich hätte mir etwas mehr Abbildungen gewünscht, da Meyers
manchmal bestimmte Photographien beschreibt, ohne dass sie abgedruckt
wären. Meyers deutet im letzten Kapitel an, dass er Conrads
pessimistisch-depressive Sicht auf sein Leben als berechtigt empfindet.
Ich hatte aber am Ende der Lektüre das gegenteilige Gefühl, nämlich dass
Conrad stolz auf sein Leben und besonders auf die Schwierigkeiten sein
kann, die er schon in seiner Kindheit überwinden musste. Tragisch ist
allerdings sicherlich, dass Conrad keine Behandlung für seine Depressionen,
die ihn sein ganzes Leben lang verfolgten, finden konnte, da die Medizin
hier noch in den Kinderschuhen steckte. Sensationell ist schließlich, was
Meyers über Jane Anderson, Conrads Geliebte, und ihre schockierende
Verwandlung zur hasserfüllten Nazi-Propagandistin recherchieren konnte.
Rezension zu "Joseph Conrad" von Jeffrey Meyers