Die Story
Die Schneiderin Frances hat eine Anstellung in ihrem Traumberuf gefunden, doch so ganz glücklich ist sie noch nicht. Zwar kann sie schöne Kleider für die Kundinnen ihres Chefs nähen, aber darf sich dabei nicht mit ihren eigenen Ideen ausleben. Bis schließlich doch eine Kundin, die gelangweilt ist von den Bällen und Erwartungen, explizit ein extravagantes Kleid bei ihr in Auftrag gibt.
Mit diesem Kleid erregt die Kundin schließlich wie gewünscht große Aufmerksamkeit - unter anderem die des Prinzen höchstpersönlich. Denn dieser liebt es, seinen angeborenen ewigen Verpflichtungen zu entkommen, indem er des Nachts heimlich als schöne Lady verkleidet ausgeht und damit für einige Momente sein bereits vorgeplantes Leben vergessen kann.
Die Schneiderin wird nun also im Geheimen bei ihm angestellt, womit die schillernde Gestalt der "Lady Crystallia" ihren ersten großen Auftritt hat...
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Die Geschichte erzählt die Freundschaft dieser beiden Charaktere, die aus verschiedenen Gesellschaftsschichten kommen, aber dennoch beide damit kämpfen, sich selbst und ihren eigenen Weg zu finden. Die Handlung gibt dem Leser dabei gerade zu Beginn angenehm Zeit, sich in den Alltag der Figuren und in dieses märchenhafte Alternativ-Paris einzufühlen, dass als Stadt zwischen alten Traditionen und modernen Entwicklungen steht.
Es kommt jedoch schnell Fahrt auf und man möchte unbedingt wissen, wie es mit Lady Crystallia weitergeht. Wie lange es dem Prinzen wohl gelingen mag, sein Alter Ego geheim zu halten? Was wäre, wenn je jemand davon erfährt? Diese Befürchtung hängt von Anfang an wie ein großes Damokles-Schwert über ihm und bringt nicht zuletzt auch Frances als engste Verbündete in eine schwierige Lage - denn auch sie hat Träume, auf die sie hinarbeiten möchte.
Die Zeichnungen
Dieser Comic wird durch wunderschön illustrierte Panels erzählt, die allesamt in einer Kombination aus handgezeichneten Federstrichen und einer simplen digitalen Coloration entstanden sind. Dadurch entsteht ein lebendiger und klarer Stil, der besonders den Figuren viel Leben einhaucht. Oft gibt es Panels und Doppelseiten, die ohne Worte auskommen und den Figuren damit ruhige Momente zwischen all dem Ereignissen geben.
Fazit
In vielen Rezensionen heißt es, dass sich besonders Trans-Menschen in dieser Geschichte durch den Prinzen repräsentiert sehen und das liegt natürlich nah.
Ich persönlich würde es aber überhaupt nicht darauf beschränken, denn meiner Meinung nach behandelt dieser Comic im Grunde sehr universelle Themen wie (Selbst)Akzeptanz, Toleranz und Selbstverwirklichung, in denen sich eigentlich jeder Leser in verschiedener Weise wiederfinden kann. Natürlich ist das zentrale Thema das Zweitleben des Prinzen als Lady Crystallia, dass er ja selbst zu verstecken versucht - weil er große Angst davor hat, die Erwartungen seiner Eltern und der Gesellschaft zu enttäuschen. Die Story schafft es sehr gut, sein zerrissenes Innenleben darüber zu illustrieren, die große Traurigkeit und Resignation die entsteht, wenn man sich als Mensch nicht offen in der Weise zeigen darf, wie man sich eigentlich fühlt. Und dann wiederum erleben wir die federleichte Freude und Leichtigkeit des Prinzen, wenn er Gelegenheiten hat, für ein paar Momente dann doch ganz er selbst sein zu dürfen.
Aber es geht auch um den persönlichen Weg der Schneiderin, die ihre beruflichen Träume verwirklichen will und versucht, sich dabei treu zu bleiben. Auch sie stößt dabei immer wieder auf Hindernisse und muss entscheiden, wie sie damit umgeht.
Am Ende bekommt man als Leser trotz allem einen sehr märchenhaften Ausklang der Geschichte. In ein noch realeres Setting würde das Ende wohl (leider) nicht passen, aber hier in dieser Märchenwelt empfand ich es als runden Abschluss.
Eine sehr süße Geschichte, die für kurzweilige Unterhaltung sorgt!