Jenk Jessel spricht wohl den meisten berufstätigen Eltern aus der Seele. Seine Frau Sabine und er wollten Elternsein mit ihrem Beruf in Einklang bringen. Sie entschlossen sich dazu, auch mit Kind weiterhin Vollzeit zu arbeiten und gleichzeitig für ihr Kind da zu sein. Natürlich werden jetzt die ersten Kritiker aufschreien und Vorwürfe laut. Doch die Familie Jessel hat ihr Experiment durchgezogen und es geschafft – keiner sagt „mit Leichtigkeit“ und auf Sätze wie „Ihr macht das so toll“ reagieren alle Beteiligten allergisch …
Der Autor erzählt kleine Szenen aus einem Leben mit einem Kleinkind (später dann mit zwei), wenn beide Eltern berufstätig sind. Viele Situationen und Abläufe, die mit einem kleinen Kind an der Tagesordnung stehen, werden organisiert und zwischen den beiden Elternteilen (und zum Teil den Großeltern) aufgeteilt. Probleme beim Finden der richtigen KiTa oder Überschneiden der Termine, Krankheiten der Kinder oder Betreuungspersonen – es zeigt sich immer wieder: So gut man auch plant, irgendetwas geht immer schief und stellt die Familie vor neue Herausforderungen. Doch letztendlich zeigt sich, dass alles immer irgendwie zu schaffen ist.
„Müdigkeit ist nur eine Frage der Einstellung“
Viele Aussagen in dem Buch finde ich zum Schreien komisch, denn jeder mit Beruf und Kindern weiß wovon der Autor spricht, weiß wie ferngesteuert mancher Morgen verläuft, wenn die ganze Nacht am Krankenbett gesessen wird und am nächsten Tag trotzdem der Wecker klingelt. Doch zwischen dem Humor finden sich kritische Elemente, wie wenig hier vom Staat zu erwarten ist, dass man eben nicht im Norden lebt, usw. Ebenso beschreibt er die horrenden Kosten, die für Betreuung & Co nun im Finanzplan der kleinen Familie verankert sein müssen, wenn auch die Familie Jessel durchaus in der Lage ist, diesen finanziellen Zusatzaufwand locker zu stemmen wie es scheint.
Ich wünsche mir für alle berufstätigen Mütter, dass diese nicht schief angeschaut werden, weil sie ihrer Rolle als Frau und Mutter anscheinend nicht ausreichend nachkommen. Ein gesellschaftliches Umdenken, Unterstützung aus der Politik und Akzeptanz im Familien- und Freundeskreis würde so manches erleichtern. Jeder sollte das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob ich für mein Kind für Jahre zu Hause bleibe oder ob mein Kind lernt, mit mehreren Betreuungspersonen umzugehen. Wir hatten uns vor Jahren auch dazu entschlossen, dass mit Kindern weiterhin gearbeitet wird (allerdings mit einer Oma in der Nähe) – heute sind alle drei beinahe erwachsen und es scheint nicht, dass meine Berufstätigkeit ihrer Entwicklung sonderlich geschadet hätte …
Ein unterhaltsames Buch, das dem „Glück einer vollbeschäftigten Familie“ gerecht wird.