Dies war nicht der erste Roman zu dieser Thematik, den ich gelesen habe. Kings "Amok", Rhues "Ich knall euch ab", "54 Minuten" von Nijkamp und noch zwei oder drei mehr. Aber dieser Roman war mit Abstand die beste und komplexeste Auseinandersetzung mit diesem hochsensiblen Thema, die ich bisher gelesen habe.
Die Geschichte wird nicht aus der Sicht des Täters erzählt und auch nicht aus der Sicht der Opfer, sondern von Valerie, die irgendwie beides ist. Die Hassliste, die sie schrieb, nutze der Täter, um seine Opfer auszuwählen und gleichzeitig ist sie selbst Opfer - sie wollte nicht, dass ihr Freund so etwas tut, hat es nicht geahnt, konnte ihm nicht helfen und sie hat versucht, den Amoklauf zu beenden und wurde dabei selbst angeschossen.
Die komplexen Gefühlslagen, die sie durchlebt, sind ausnahmslos gut beschrieben, völlig authenthisch und nachvollziehbar. Die emotionale Tiefe, die hier aufgebaut wird, ist ausgesprochen gut und lässt einem beim Lesen die Gefühlsachterbahn ebenso durchleben wie die Protagonistin. Darüber hinaus ist das Umfeld ebenso komplex: wie gehen plötzlich Klassenkameraden, Lehrer, ihre Familie mit ihr um? Was bedeutet verzeihen überhaupt - sich selbst und auch anderen?
Dieser Roman ist wirklich empfehlenswert für alle, die sich für dieses Thema interessieren. Dabei geht es jedoch nicht um die Beweggründe, sondern um die Aufarbeitung von dem "danach".
Ein tolles Erstlingswertk der Autorin - ich freue mich auf weitere Romane!