Cover des Buches Wir waren doch so jung (ISBN: 9783945025437)
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Rezension zu Wir waren doch so jung von Jennifer Riemek

Eine eindringliche Mahnung gegen das Vergessen

von anushka vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Emotionales Buch, vor allem dadurch beeindruckend, dass viele der Erlebnisse der fiktiven Figuren historisch dokumentiert sind.

Rezension

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anushkavor 8 Jahren
Aachen, 1930er Jahre: Jakob Bergmann wächst als Kind behütet auf und seine Eltern haben mit ihrem Schreibwarenschäft ein gutes Auskommen. Doch die Situation wird für Juden zunehmend schwieriger und unangenehmer. Zunächst sind es nur Schikanen seiner Mitschüler, doch bald bemerkt Jakob, dass er von immer mehr Dingen des täglichen Lebens ausgeschlossen wird. Schließlich wird er der Schule verwiesen und besucht fortan eine jüdische Schule, in der er auch Annie kennenlernt, sich mit ihr befreundet und sich schließlich in sie verliebt. Gemeinsam stehen sie den Veränderungen in Deutschland unter Hitler hilf- und fassungslos gegenüber bis die Eltern sich schließlich schweren Herzens für eine Auswanderung entscheiden. Doch ist es bereits zu spät?

"Wir waren doch so jung" ist eine eindringliche Geschichte, deren Figuren zwar fiktiv sind, doch deren Schlüsselerlebnisse auf wahren Erlebnissen verschiedener Zeitzeugen beruhen. Die Kapitel schreiten in Jahresschritten schnell voran und man erlebt eher jeweils "Blitzlichter" aus dem Leben Jakobs und Annies in diesen Jahren. Das kann einerseits unbefriedigend sein, weil man die Figuren vielleicht nicht nah genug kommt. Mir dagegen hat das die fortschreitende Entwicklung eher vor Augen geführt, die bei kleinschrittigerer Einteilung vielleicht zu schleichend gewesen wäre und zu Gewöhnungseffekten geführt hätte. Mich habe die Figuren auch so emotional erreicht, vor allem die lange während Leugnung der Eltern und deren Hoffnung auf eine baldige Verbesserung sind mir nahe gegangen. Die Geschichte bietet auch einiges an Spannung und neben alt bekanntem Wissen und unvermeidlichen KZ-Szenen einige neue interessante Details, wie beispielsweise, dass eine Emigration offiziell noch längere Zeit möglich war.
Der Anhang fasst das zentrale Geschehen jedes Kapitels noch einmal zusammen und schlüsselt detailliert auf, was davon auf wahren Berichten beruht und wie diese im Original lauteten. So etwas mag ich bei historischen Romanen ja ganz besonders und in diesem Buch haben sich die Autoren an dieser Stelle auch sehr viel Mühe gegeben, alles genau zu dokumentieren. Leider sind manche der abgedruckten Dokumente in der EBook-Version beim Lesen mit einem Reader (älteren Baujahrs) nicht gut erkennbar, sodass ich klar die Printausgabe empfehle oder zumindest ein Lesegerät, mit dem man in Bilder hineinzoomen kann.

Das Buch ist eine gelungene Bemühung gegen das Vergessen, gerade jetzt, wo die Zeitzeugen immer weniger werden. Bald wird man diese Zeit nur noch aus schriftlichen oder Fernsehdokumentationen kennen. Der menschliche Aspekt wird dabei immer mehr verloren gehen. Umso wichtiger sind die literarischen Werke, die es schaffen, einen emotional zu berühren und dadurch auf das Leid der Menschen aufmerksam zu machen. Eine klare Leseempfehlung, auch für jugendliche LeserInnen.
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