Cover des Buches The Chilbury Ladies’ Choir (ISBN: 9780008163723)
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Rezension zu The Chilbury Ladies’ Choir von Jennifer Ryan

Die Liebe in Zeiten des Krieges

von rumble-bee vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Absolut liebenswerte Charaktere, und eine Handlung, die sehr nachdenklich macht. Es geht weniger um den Chor als gedacht, ist dennoch gut.

Rezension

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rumble-beevor 7 Jahren
Kaum zu glauben, dass dies ein Debütroman sein soll! Die Autorin porträtiert hier mit viel Liebe und Sachverstand ein englisches Dorf während des Zweiten Weltkriegs, genauer gesagt im Sommer 1940. Andererseits scheint sie dazu durchaus befähigt, weil sie bisher als Sachbuchverlegerin tätig war. Mit Recherche wird sie also Erfahrung haben.


Ich finde, an diesem Buch ist einfach alles stimmig. Chilbury ist vermutlich ein fiktives Dorf, erwacht aber durch Detailreichtum und vor allem die ungewöhnliche Erzählweise zum Leben.
Man trifft genau die Charaktere, die man erwarten würde – den Großgrundbesitzer, die durchtriebene Dorfschönheit, eine verhärmte Witwe, ein pubertierendes Mädchen, das alles falsch versteht und dadurch viel Unheil anrichtet, Flüchtlinge, Spione, und die übliche Klatschbase, die Hebamme. Alle diese Personen bekommen eine ganz eigene Stimme - jeder erzählt für sich, entweder in Briefen oder Tagebucheinträgen; wobei es der Autorin hervorragend gelingt, den Tonfall jeweils individuell zu gestalten.


Zuerst habe ich es als negativ empfunden, dass der im Titel erwähnte Chor gar nicht so oft vorkommt. Aber das wurde schon bald durch pure Lesefreude ersetzt . Und der Chor trägt zumindest indirekt dazu bei, dass die verschiedenen Frauen in Kontakt kommen, und die Handlung beginnt.


Es geht im Wesentlichen darum, wie diese Menschen angesichts widriger Umstände das Beste aus ihrer Lage machen, wie sie zusammenhalten und Selbstbewusstsein entwickeln. Dabei dürfen Sex & Crime natürlich nicht fehlen - was gar nicht so überraschend sein dürfte angesichts der Binsenweisheit, dass sich in Kriegszeiten moralische Maßstäbe verschieben.


Das Buch hebt dabei durchgehend die Menschlichkeit hervor. Jeder bekommt hier noch einmal eine Chance, niemand ist durchweg böse. Es werden Entwicklungen deutlich, was mir gut gefallen hat. Und mir wurde bewusst, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass gewisse Dinge ein echtes Problem darstellten – wie eine uneheliche Schwangerschaft, oder Homosexualität.


Das Tollste fand ich jedoch den versteckten Humor, der immer wieder aufblitzte. Da sind zum einen die herrlichen naiven Tagebucheinträge des Teenagers, dann die wütenden Spekulationen der Klatschbase. Vorsichtige Annäherungen allerorten. Und nicht zuletzt wirklich köstliche Szenen, wenn wieder einmal das eine oder andere „Alphatier“ die Kontrolle über eine Situation an sich zu reißen versucht - was oft gründlich misslingt!


Das Ende ist halb offen, was mir auch gut gefallen hat. Die wichtigsten Fäden werden aufgerollt, aber eben nicht alle. Das machte das Buch realistisch. Man verlässt das Dorf Chilbury mit dem Gefühl, dass diese Menschen es schon irgendwie schaffen werden - und dass es sich immer lohnt, durchzuhalten. Für einen - scheinbaren - Unterhaltungsroman eine sehr beachtliche Leistung! Von mir gibt es wohlverdiente 5 Sterne dafür.
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