Rezension zu "Portugiesische Eröffnung" von Jenny Siler
Im Einband zu Jenny Silers Thriller „Portugiesische Eröffnung“ steht geschrieben:
Jenny Silers atmosphärischer Thriller erzählt die Geschichte eines großangelegten Verrats, der der Vorbereitung des Irakkriegs dient. Die Suche nach der Wahrheit führt ihre Heldin zum ersten Golfkrieg und den Konflikten im Libanon der achtziger Jahre, wobei sie auch den Geheimnissen ihrer Familie auf die Spur kommt. Mehr zur „Portugiesischen Eröffnung“ beim Schachspiel findet sich unter https://de.wikipedia.org/wiki/Portugiesische_Er%C3%B6ffnung
Jenny Silers Heldin, Nicole Blake, wächst zum Teil im Libanon auf. Als Tochter einer alleinerziehenden Mutter die es in den Westen zieht, doch irgendwann zurückkehrt in ein Land, das immer wieder vom Krieg bedroht wird, lernt sie beide Seiten kennen: den Westen wie den Nahen Osten. Unterschiedliche Interessen verschiedener Religionen, ausländischer Mächte und Intrigen, die im Libanon miteinander und gegeneinander spielen, wird Nicoles Mutter aber Opfer eines Bombenattentats. Das alles passiert im Dunstkreis des großen Anschlages auf die amerikanische Botschaft in Beirut 1983. Jahre später erinnert ein amerikanischer Agent, Valsamis, Nicole an den Tod ihrer Mutter, um sie zu bewegen, weitere schlimme, weitaus größer angelegte, Anschläge zu verhindern. Das soll dadurch geschehen, indem sie Valsamis ihren Ex-Freund, Rahim Ali, ausliefert, einem Dokumentenfälscher, der nun unter Terrorverdacht steht.
Siler schreibt rund um diesen Anschlag, der damals dreiundsechzig Menschen das Leben gekostet hat, einen lesenswerten Nahost-Thriller, der die damalige Meinungsmelange abbildet. Wer wollte was warum und wann, welche Mächte, vor allem, was wollte Amerika wirklich und wie wirkten sich ihre Entscheidungen aus, die sie aufgrund des Anschlages, der 17 Amerikaner getötet hatte, fielen? Jetzt, zehn Jahre nach Veröffentlichung ihres Krimis, sieht man so manches anders, stehen viele Konsequenzen in einem anderen Licht. Versteht man die Reaktionen, die Siler ihren Protagonisten zuschreibt, besser.
Nicole reist an den Ort zurück, wo sie Rahim vermutet, nach Lissabon. Dafür verlässt sie ihr geliebtes Bauernhaus in den französischen Pyrenäen, wohin sie sich nach einem Gefängnisaufenthalt zurückgezogen hat. Auch sie ist eine gewiefte Dokumentenfälscherin. In Lissabon geht sie ihre alten Wege nach, besucht alte Freunde, im Bewusstsein, dass sie ihnen nun, da sie im Gefängnis war, nicht mehr trauen. Und doch findet sie Rahim, bevor er erschossen in ihre Arme sinkt. War Valsamis der Täter? Aber warum? Siler gelingt es, dort wo es nötig ist in die Tiefen, ins Kleinteilige zu gehen um dort, wo es angebracht ist, Zeit und Raum wie mit einem Weitwinkelobjektiv zu vergrößern. Dafür braucht sie nicht zu viele, sondern nur knapp 270 Seiten, bei der sie uns die Schachzüge Valsamis und seiner amerikanischen Freunde vorführt, die Nicole und ihre Familie und Freunde als Bauernfiguren fallen lassen wollen. Wenn sie sich da mal nicht getäuscht haben.
Für Verschwörungstheoretiker ist dieses Werk ein Beweis für die jetzige Situation, die nicht nur im Nahen Osten für Krieg und Zerstörung sorgt, sondern auch die Folgen des Flüchtlingsstroms mit all seinen Problemen und Sorgen, die aus Nebensätzen Silers plötzlich ganz laut zu schreien anfangen. Ungemein spannend und wie ein Ruf aus der Vergangenheit für die Zukunft mutet ihr Buch an, aufklärend die Rolle der USA im Nahostkonflikt beschreibend.
Über Jenny Siler findet sich vieles im Internet, auch beim Fischer Verlag, bei dem das Buch erschien.