Das Buch "Von Hass erfüllt" erzählt die Lebensgeschichten von Terroristen und Amokläufern. Wie gelangen Menschen in solche Umkreise und vor allem: Was passiert, bis sie wirklich Menschen töten?
Bekannte Vorfälle werden aufgeschlüsselt und der Vorgang bis hin zur Tat beschrieben. Es wird vor allem auch darauf eingegangen, wie das Internet und die Berichterstattung diverser Vorfälle Nachahmer hervorbringen. Dazu gibt es konkrete Lösungsansätze genau das zu verhindern.
Ich habe mich teilweise etwas schwer getan beim lesen, fand das Buch insgesamt aber sehr interessant und kann mit den Schilderungen besser nachvollziehen, was in den im Buch genannten Menschen nach Manipulationen oder Zuspruch von Außen vorgeht. Auch auf die einzelnen Menschen wird gut eingegangen, welche sich nie angekommen und präsent fühlten.
Einige Zitate aus dem Buch möchte ich hier hervorheben, denn sie haben mir Denkanstöße gegeben:
- "Der Einzelne verschmilzt mit der Gruppe - wird zum Teil eines Ganzen und muss sich daher auch nicht mehr selbst in all seinen Facetten und Fehlern wahrnehmen. Es geht allein darum, Teil der Gemeinschaft zu sein."
- "Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Sozialpsychologie besteht darin, dass Menschen, die Vorurteile gegen bestimmte Personengruppen hegen, etwa gegen Ausländer, gleichzeitig auch eher geneigt sind, andere Menschengruppen abzuwerten, so etwa Sexismus oder Antisemitismus zu befürworten."
- "Die Opfer dagegen haben meist nur einen symbolischen Wert fpr den Täter, da sie als anonyme Repräsentanten einer verhassten Menschengruppe ausgewählt wurden."
- "Aus der Forschung wissen wir, dass wir geneigt sind, die Normen und Werte von Menschen zu übernehmen, die für unser emotionales, psychisches oder physisches Wohlbefinden sorgen."
Fazit: Menschen, die andere oder sich selbst töten, zu verteufeln ist zu kurz gefasst. Es spielen zu viele Ereignisse eine wichtige Rolle, um das Verhalten nachvollziehen zu können. Bei diesem Verständnis kann das Buch eine gute Hilfe sein.
Jens Hoffmann
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Menschen entschlüsseln
Von Hass erfüllt
Stalking
Simon Knox and the Prophecy of Asragur
Simon Knox und die Prophezeiung Asragurs
Warten & Ankommen (Normale Ausgabe)
Simon Knox Und Die Prophezeiung Asragurs
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Hass scheint inzwischen ein politischer Kampfbegriff geworden zu sein. Angeblich spaltet Hass sogar die Gesellschaft. Diesen Unsinn kann man getrost bezweifeln, denn nicht irgendein abstrakter Hass spaltet, vielmehr ist es genau umgekehrt – die Spaltung ist real und Hass eine Folge davon. Um die Spaltung der Gesellschaft geht es jedoch in diesem Buch nicht. Vielmehr hinterfragen die Autoren die Triebkräfte für Terror und Gewalt. Dabei geht es ihnen vornehmlich um sogenannte Islamisten und um rechtsextreme Gewalt.
Warum der grassierende Linksextremismus, zuletzt massiv beim G20-Gipfel in Hamburg zutage getreten, keine wirkliche Rolle in diesem Buch spielt, kann man nur vermuten: Vielleicht liegt es daran, dass linksextremer Terror sich selten an Einzeltätern festmachen lässt. Diese Leute treten vermummt in Gruppen auf, so wie man es in Hamburg beobachten konnte. Dass es jedoch auch einen an Personen festzumachenden linksextremen Terror in der alten Bundesrepublik gab, nämlich in Gestalt der RAF, verschweigen die Autoren ebenso. Auch bei ihren Rückblicken, die noch viel weiter in der Geschichte zurückgehen.
Bevor Menschen zu Terroristen werden, so die gut begründete und mit zahlreichen Beispielen belegte These der Autoren, muss etwas in ihrem bisherigen Leben gehörig schiefgelaufen sein. Da aber nicht jeder Mensch mit Lebensproblemen zum Terroristen wird, braucht es noch andere Faktoren, die zur Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden passen müssen. Sehr oft suchen potentielle Terroristen eine Gruppenzugehörigkeit, die sich über eine bestimmte Ideologie definiert. Im Buch treten an dieser Stelle vor allem der Salafismus und rechtsextreme Weltanschauungen auf. Insbesondere Salafisten besitzen in Deutschland ein dichtes Netz von Rekrutierern, die bisher unauffällige junge Muslime radikalisieren. Hier sind, wie die Autoren betonen, Profis am Werk.
Neben aus Gruppen agierenden Tätern findet man aber auch immer wieder sogenannte einsame Wölfe, die sich über das Internet radikalisieren und ohne direkte Steuerung von außen vorgehen. Man findet sie tatsächlich fast im ganzen Spektrum, angefangen von Leuten, die Schulmassaker in den USA anrichten (auf die im Buch nicht besonders eingegangen wird), über einsame Islamisten (immerhin existiert dafür wenigstens ein Beispiel in Deutschland) bis zu rechtsradikalen Einzeltätern, etwa dem Norweger Breivik, der mit kalter Aggression einen unfassbaren Massenmord beging. Sieht man einmal von Amokläufern ab, dann steckt hinter solchen Taten immer eine Ideologie, die sie hergibt, weil sie sie moralisch aufwertet. Die Täter stellen sich also aus ihrer Sicht in den Dienst einer "guten Sache".
Insbesondere der Salafismus ist geradezu ein klassisches Beispiel dafür. Er behauptet die einzig gültige Religion zu sein, die weltweit durchgesetzt werden muss. Leider können sich Salafisten dabei auf ihr heiliges Buch stützen. Die Autoren zitieren aus einer Studie, die zur Früherkennung von salafistischen Radikalisierungstendenzen genutzt werden soll. Allerdings scheinen sie die Brisanz der dort genannten Punkte nicht völlig zu verstehen. In anderen Studien zeigt sich nämlich, dass ein großer Teil der muslimischer Jugend in Westeuropa vier der sechs Punkte mit großer Mehrheit zustimmt, einfach weil sie der Koran hergibt und weil diese Inhalte in den abgeschotteten muslimischen Subkulturen der entsprechenden Länder zu Alltagsauffassungen gehören. Das Radikalisierungspotential ist also entsprechend groß. Deshalb verwundert es auch nicht, wenn ein kleiner, aber nicht unerheblicher Teil dieser Jugendlichen zum IS in den Nahen Osten abgewandert ist. Auch mit dieser Gruppe beschäftigen sich die Autoren hinreichend ausführlich.
Das Buch beschreibt also recht gut die Muster, die sich hinter der Entwicklung zum Terroristen, egal welcher Art, verbergen. Sie sind immer gleich. Daneben skizzieren die Autoren auch die verschiedenen Persönlichkeitsstrukturen solcher Leute. Das allein schon macht das Buch wertvoll. Darüber hinaus lernt man als Leser einige dieser Terroristen näher kennen und kann an diesen Beispielen gut das allgemeine Prinzip verstehen.
Mit einer klareren Gliederung und einer konsequenten Straffung des Textes hätte man ihn allerdings wenigstens um ein Drittel kürzen können.
Was treibt Menschen an, im Namen von unterschiedlichen Ideologien andere Menschen zu töten? Woher kommt dieser Hass?
In diesem Buch wird versucht, hierauf Antworten zu finden. Anhand von verschiedenen Beispielen untersuchen die Autoren die Beweggründe der Attentäter.
Sachlich und fundiert wird begründet wie es zu solchen Amokläufen kommen kann und, dass solche Anschläge keine Erfindung des 20. Jahrhunderts sind. Es werden Attentate unterschiedlicher Gesinnung präsentiert. Es sind die (scheinbar) religiös motivierten Anschläge des IS genauso vertreten wie jene linker oder rechter Gesinnung.
Aufgrund der Medienpräsenz ist den Mördern eine Plattform sicher, ihren Hass darzustellen. Vielleicht sollten hier die Medien ein wenig mehr Zurückhaltung üben. Wenn niemand über Terroranschläge spricht oder schreibt, sind die Attentäter ihrer Bühne und ihres Publikums beraubt.
Fazit:
Den Autoren ist ein sehr sachlicher Umgang mit diesem emotionalen Thema gelungen. Das Buch ist ziemlich ernüchternd. Es kann jeden von uns jederzeit an jedem Ort treffen. Wir dürfen uns von diesen Attentätern, egal woher sie die „Legitimation“ beziehen zu glauben andere Menschen zu ermorden, nicht kirre machen lassen. Wenn wir uns diesen Ängsten beugen, und uns in den eigenen vier Wänden einschließen, haben die Terroristen gewonnen.
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