Cover des Buches Hasenleben (ISBN: 9783908777649)
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Rezension zu Hasenleben von Jens Steiner

Rezension zu "Hasenleben" von Jens Steiner

von WinfriedStanzick vor 13 Jahren

Rezension

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WinfriedStanzickvor 13 Jahren
Jens Steiner, Hasenleben, Dörlemann 2011, 287 Seiten, ISBN 978-3-908777-64-9 Der in Zürich lebende und 1975 geborene Jens Steiner hat mit diesem Debütroman ein Buch vorgelegt, von dem man beim Lesen an nicht wenigen Stellen regelrecht Bauchschmerzen bekommt, so realistisch und hoffnungslos wird da eine Geschichte von Menschen erzählt, wie sie in unserer allernächsten Umgebung häufiger leben, als wir denken. Mit folgenden Worten beginnt ein Buch, das einen nicht loslassen will ob seiner Tragik und Dramatik, das einen packt und abstößt, traurig macht und nachdenklich: „Dies ist Lilis Geschichte. Sie beginnt harmlos. Lilis Leben hatte eine komplizierte Mitte und etwas zerfledderte Ränder. In der Mitte eine Arbeit, die Geld einbringen sollte, immer zu wenig, aber irgendwie kam sie trotzdem über die Runden, zwei Kinder, und viele verschwommene Träume von einem anderen Leben. An den Rändern kleine Verzweiflungen und Fluchten. Alles normal. Lilis Gesichte ist nicht Lilis Geschichte. Nichts in ihr ist, was es ist, die Mitte ist keine Mitte und die Ränder sieht man nicht. Dies ist keine Geschichte. Wir fangen mit Lili an. Ganz harmlos.“ Aber harmlos bleibt sie nicht, jene prosaische Schilderung des verkorksten Lebens und der Hoffnungslosigkeit einer alleinerziehende Mutter und ihrer beiden Kinder Werner und seiner Schwester Emma. Beide sind schon jetzt für ihr Leben gezeichnet und werden es schwer haben. Allein gelassen von ihrer vergnügungssüchtigen Mutter, die sich in ihren Träumen verliert und Nächte lang auf Trebe ist, dabei doch immer von einer richtigen Ausbildung und einen normalen Leben träumt für sich und ihre Kinder, zeigen sie schon früh gestörte Verhaltensweisen. Als eines Tages ein Mann auftaucht, der Mutter und Kindern bekannt vorkommt, ergreift Lili wieder einmal die Flucht. Und dann passiert ein fruchtbares Ereignis, das alles, was bisher noch zu tragen schien, etwa die Bindung zwischen Werner und seiner Schwester Emma, endgültig zerstört. „Hasenleben“ ist ein verstörender Roman, der ein helles Licht wirft auf das Leben unzähliger Menschen, Frauen meist, die alleinerziehend, ohne gute Bildung, mit prekären Beschäftigungsverhältnissen und ebensolchen Beziehungen von einer Lebenskatastrophe in die andere stürzen und ihren Kinder nicht das sein können, was diese bräuchten. „Ohne Sicherheit bietende Beziehungen entwickeln Kinder keine sicheren Bindungen, und ohne sichere Bindungen können sich Kinder nicht zu eigenständigen, sozial kompetenten und verantwortlichen Persönlichkeiten entwickeln, „ schreibt Karl Gebauer in seinem eben in der elften Auflage erschienen Buch „Kinder brauchen Wurzeln“. Der Roman von Jens Steiner ist die Dokumentation eines Lebens, in dem all dies misslingt. So wie er sein Buch geschrieben hat, bin ich sicher, dass es eine reale Person mit ihren Kindern gibt, die ihn dazu inspiriert hat.
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