Der Unruhestifter
Ein zentrales Thema fast aller Gesellschaften ist der Umgang mit Fremden.
Wo, wenn nicht schon im Kindesalter werden die Wurzeln für die Achtung aller gelegt. Kinder begreifen dies viel leichter, als man meinen mag.
Und genau diesem Thema widmet sich "Der Biber von Anderswo", eine wundervolle Geschichte, die für den Erwachsenen von Ausländerfeindlichkeit und Migration handelt, für Kinder vielleicht einfach nur eine Geschichte vom Umgang mit einem neuen Nachbar ist.
Das Kernthema dieses Bilderbuches ist Fremdsein, Toleranz und Miteinander und wie einfach es sein kann, Freundschaften zu schließen, wenn man von Vorurteilen Abstand nimmt, die man so oft im Kopf hat. Denn Anders sein heißt nicht, schlechter zu sein.
Für ihre Geschichte haben sich Autorin und Illustratorin ins Tierreich begeben und als menschliche Pendants Schwein, Elefant und Biber gewählt. Die ersteren zwei stellen die alt eingesessene Bewohner IHRES Flusses dar, den sich Neuankömmling Biber schlichtweg erdreistet, auch als neuen Wohnort auserkoren zu haben.
Das Nachfolgende ist schnell erzählt: Biber wird als Unruhestifter bezeichnet, davongejagt und sein begonnenes Haus zerstört. Doch irgendetwas fehlt den Zweien hernach: genau, dessen wunderbarer Gesang. Also: Biber wird gesucht, gefunden und darf doch noch hier wohnen. Schwein und Elefant helfen sogar beim neuerlichen Aufbau des Eigenheimes.
Die Autorin Henna Gokudzand Nahar, in Surinam geboren und seit 1990 in Amsterdam lebend, führt mit diesem Buch Kindern vor Augen, dass Neulinge die Gesellschaft durch ihren Kontext bereichern. Durch vorgefasste Meinungen öffnen sich keine neuen Kontakte und sie lassen sich viel Vergnügen entgehen. Außerdem spricht sie Kinder auf ihren Gerechtigkeitssinn an, und lässt sie fragen, was Fremdsein bedeutet und welche Empfindungen sich ohne ein Zuhause einstellen.
Die Geschichte wird durch die Illustrationen von Jeska Verstegen herrlich veranschaulicht. Mit klarer, einfacher Linienführung konturiert sie die Buchhelden und füllt ihre Umrisse in zarten Aquarellfarben (nur das grell-pinke Schweinchen bildet eine Ausnahme). Auf übermäßigen Schnickschnack wird verzichtet. Trotzdem sind auf jeder Seite ein, zwei lustige Details hingetupft, die zu entdecken lohnt.
Der besondere Clou dieses Buches ist das integrierte Hörbuch. Mittels eines Zahlencodes, der im Buchdeckel verborgen ist, kann man sich dieses wunderbare Bilderbuch auch vorlesen lassen. Das verspricht wegen der großartigen Intonation des Sprechers ein besonderes Vergnügen. Entspannt können die Kleinen, auch wenn die Eltern mal nicht zur Verfügung stehen, die Geschichte hören und werden sogar an den entsprechenden Stellen musikalisch zum Umblättern aufgefordert.
Fazit:
Toleranz und Respekt Worte die oft ausgesprochen werden, die aber viel zu wenig gelebt werden. Dieses Buch ist ein kleiner Beitrag diese oftmals nur leeren Worthülsen mit Leben zu füllen und Vielfalt als Bereicherung zu erkennen. Denn erst im gemeinsamen Miteinander ist das Leben als Geschenk spürbar.
Empfohlen für Kinder ab vier Jahren.