Cover des Buches Ich und Earl und das sterbende Mädchen (ISBN: 9783453267848)
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Rezension zu Ich und Earl und das sterbende Mädchen von Jesse Andrews

Dies ist kein typisches Krebsbuch!

von LilStar vor 10 Jahren

Rezension

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LilStarvor 10 Jahren
Greg ist ein typischer Teenager, unsicher in dem was er tut und in dem was er will. Zusammen mit seinem besten (und einzigen) Freund Earl dreht er Filme, zeigt sie aber niemanden. Als er eines Tages erfährt, dass seine damalige Freundin Rachel an Leukämie erkrankt ist und seine Mutter ihn zwingt sich wieder mit ihr anzufreunden, tut er dies widerwillig und verbringt mit Rachel und Earl viel, viel Zeit. Rachel ist auch die erste die ihre Filme sehen darf...

Vorab: Wer hier ein Buch im Stile von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" erwartet, der wird schwer enttäuscht werden. Die Geschichte wird aus Gregs Sicht erzählt und direkt zu Beginn auf Seite 8 erklärt er dazu "Falls das eine korrekte Wiedergabe eurer Gedanken ist, solltet ihr das Buch am besten gleich in die nächste Tonne treten und dann so schnell wie möglich wegrennen". Und damit hat er absolut recht. Greg selbst sagt, dass dies kein Krebsbuch ist. Jedenfalls kein typisches. Irgendwie hat er recht und irgendwie auch wieder nicht. Ich finde schon, dass es ein Krebsbuch ist, allerdings eher eines, was die Sicht eines unwillig Beteiligten schildert, der unbedarft an diese Dinge ran geht, wenig emotional ist und sich selbst erst noch begreifen muss: aus der Sicht des Teenagers Greg nämlich.

Greg ist wie gesagt die Hauptfigur in diesem Buch, aus dessen Sicht wir die Geschichte mitbekommen. Er ist unsicher und versucht generell jedem gefällig zu sein, ohne jedoch seine eigene Individualität zu entwickeln oder überhaupt erst zu entdecken. Er hat mit den typischen Teenager-Problemen zu kämpfen, nämlich in der Schule nicht zu sehr aufzufallen um nicht gedisst zu werden, irgendwie mit seinen Eltern und Schwestern klar zu kommen und überhaupt seinen eigenen Weg zu finden, zu verstehen, wer er überhaupt ist. Natürlich spielen auch Mädchen eine große Rolle und auch wenn er noch keine großen Erfahrungen in dieser Sache hat, ist es ihm eine Herzensangelegenheit, wie natürlich jedem Jungen in seinem Alter. In dieser Situation wird er von seiner Mutter dazu gedrängt wieder Kontakt mit Rachel aufzunehmen, die schwer erkrankt ist, wahrscheinlich sterben wird, und mit der er seitdem er sie damals noch im Kindesalter ziemlich verletzte hat, keinen Kontakt mehr pflegte. Greg legt sich also mächtig ins Zeug um dem Wunsch seiner Mutter nachzukommen und es gelingt ihm sich wieder mit Rachel anzufreunden. Zunächst ist auch alles gut, die beiden und schließlich auch Earl kommen gut miteinander aus. Greg weiß zwar, dass Rachel wahrscheinlich sterben könnte und findet dies auch schlimm und traurig, aber - so wird es in der Geschichte deutlich - er versteht eigentlich nicht, was dies genau bedeutet. Erst im Laufe der Zeit, wenn es Rachel schlechter und schlechter geht, wird aus Gregs Verhalten deutlich, dass er langsam zu begreifen beginnt.

Ich kann verstehen, dass das Buch zu Beginn ziemlich nerven kann, denn Greg erläutert wirklich Dutzende von Malen, dass er nix kann und nix ist und auch nicht versteht, dass jemand diesen Stuss, den er da schreibt überhaupt lesen kann. Das ist am Anfang noch recht amüsant, fängt dann aber doch schnell an zu nerven. Auch mich hat dies zwischenzeitlich genervt, aber ich fand den Schreibstil ganz angenehm flüssig und auch den ungewöhnlichen Aufbau des Buches interessanter, so dass ich einfach weiter lesen musste. Dieses Buch drückt nicht auf die Tränendrüse indem es vom Leiden der Kranken erzählt und vom Leid und der Trauer der Angehörigen, ich finde, hier geht es viel subtiler vor. Zwischen den Zeilen wird dem Leser zu verstehen gegeben, wie sehr Greg mit der gesamten Situation überfordert ist, wie sehr er eigentlich mit sich selbst beschäftigt ist und das nicht aus egoistischen Gründen, sondern weil er selbst erst erwachsen werden muss, an dieser Situation, in die er hinein gedrängt wurde, aber verzweifelt und am Ende bricht. Und das hat mich wirklich gerührt. Nicht zu Tränen, muss ich gestehen, wie es bei anderen Büchern dieser Art der Fall war, aber es hat mich gerührt.

Insgesamt fand ich dieses Buch schon recht gut und vor allem aber auch viel realistischer als andere Krebsbücher, weil hier die Protagonisten einfach als das beschrieben wurden, was sie waren: Heranwachsende, die ihren Weg erst noch finden müssen.
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