Cover des Buches Virtuosity - Liebe um jeden Preis (ISBN: 9783414823229)
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Rezension zu Virtuosity - Liebe um jeden Preis von Jessica Martinez

Virtuosity

von daydreamin vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ausbaufähiges Jugendbuch über den Umgang mit Leistungsdruck.

Rezension

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daydreaminvor 8 Jahren

Geschrieben im Juli 2012:

Ich selbst kenne Leute, die ebenso wie Carmen sehr unter Druck stehen, allerdings aus sportlicher und nicht aus musikalischer Sicht. Genau deswegen hat mich das Buch sofort angesprochen und ich war gespannt es zu lesen.

Zuerst muss ich sagen, dass mir das Cover total gut gefällt! Auch der Schreibstil ist sehr angenehm und flüßig. Am Anfang der Geschichte trifft man Carmen, welche alleine auf einem Hotelbalkon sitzt und total am Ende ist. Genau diese Szene wird am Ende des Buches nochmal aufgegriffen, also startet Virtuosity mit einem Blick in die Zukunft und die Geschichte dreht sich dann genau darum: Wie ist es dazu gekommen, dass Carmen so fertig ist und am liebsten ihr Leben aufgeben würde?

Ich muss zugeben, dass ich am Anfang nicht so recht in die Geschichte reinkam. Carmen ist also ein Weltstar, ihre Mutter ist gleichzeitig ihre Managerin und ihre Großeltern finanzieren ihr eine megateure Geige. Sie nimmt Tabletten, damit sie nicht so nervös ist und muss sich bald im Guarneri-Wettbewerb behaupten, dessen Ausgang über ihre ganze Karriere entscheidet. Ich hatte gehofft zu lesen, wie Carmen langsam Stück für Stück in die Tablettenabhängigkeit hineinrutscht doch stattdessen erfährt man zuerst überhaupt nicht, warum sie überhaupt diese Tabletten nimmt. Sie hat eine solche Angst vor dem Spielen, dass ich mich erstmal gefragt habe, warum sie sich das überhaupt noch antut.

Kommen wir mal genauer zu den Charaktern. Carmen ist eigentlich ganz liebenswürdig, lässt sich aber viel zu sehr unterdrücken. Sie spielt nicht mehr aus Spaß Geige, sondern weil sie da irgendwie reingerutscht ist und es jetzt von ihr erwartet wird. Ihre Mutter managt sie dabei und war der unangenehmste Charakter im ganzen Buch. Sie ist natürlich besessen von ihrer Tochter und den Wettbewerben, doch dabei vergisst sie, dass Carmen auch ein Mensch ist und alles andere als gesund. Ich will an dieser Stelle nicht spoilern, aber was Diana (Carmen spricht übrigens auch meistens nur von Diana und nicht von ihrer Mutter) ihrer eigenen Tochter antut, obwohl sie selbst aus dem Musikgeschäft kommt und den Druck kennen müsste, ist unter aller Sau. Ihr Ehemann Clark und Carmens Stiefvater ist dagegen ziemlich locker, absolut nicht ehrgeizig und will mit dem Geigenkram nichts zu tun haben. Kluge Entscheidung, wenn ihr mich fragt.

Dann wäre da Jeremy King. Ich konnte ihn mir nur schlecht vorstellen. Von Carmen hab ich ein ganz gutes Bild im Kopf, aber Jeremy…keine Ahnung. Er ist auch überhaupt nicht authentisch rüber gekommen und an Carmens Stelle hätte ich mich ganz bestimmt nicht in ihn verliebt, aber Geschmäcker sind ja verschieden. Ich kann gar nicht genau sagen woran es liegt, aber ich persönlich habe nicht das Gefühl gehabt Jeremy kennen gelernt zu haben. Mit Carmen konnte ich mitfühlen, doch obwohl die Autorin sich merklich bemüht hat Jeremy Tiefe, etwas Liebenswertes und auch einige Macken zu verleihen, hab ich auch nach den letzten Seiten immer noch klein klares Bild von ihm und zweifle irgendwie daran, dass er Carmen wirklich mag.

Die erste Hälfte des Buches wird also erzählt, wie sich Carmen auf den Wettbewerb vorbereitet und Jeremy trifft. Dabei treten immer wieder Rückblenden auf und man erfährt auch nach und nach wie es zu der Abhängigkeit von Carmen gekommen ist. Alles in allem waren die ersten 100 Seiten aber wirklich lasch, erst ab ca. der Hälfte wird es dann besser. Die Geschichte wird endlich mal ein bisschen spannender und Carmen beginnt zu rebellieren. Ab diesem Moment hab ich das Buch dann auch in fast einem Zug durchgelesen und nur das Ende hat mich wieder ein wenig enttäuscht. Es fällt mir so schwer nicht zu spoilern, da ich so viel noch zu sagen hätte, aber ich verrate mal so viel: Auch wenn Carmen am Ende mit dem ganzen Musikkram ins Reine kommt, so bleibt doch noch so vieles offen. Ich hätte es vor allem interessant gefunden, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt. Sie wurde jahrelang privat unterrichtet, damit sie alles unter einen Hut kriegt, doch wie würde sie am College klarkommen, wenn sie dorthin gehen würde. Hat sie überhaupt andere Talente als Geige spielen oder will sie weiter an der Musikausbildung festhalten? Ich weiß nicht, ob es einen Nachfolger zu dem Buch geben wird, aber so ganz überzeugend fand ich das Ende nun wirklich nicht.

Fazit

Wie schon gesagt, ich kenne so einige Leistungssportler. Ich weiß, unter welch enormen Druck sie sich befinden, obwohl es sich bei ihnen bei Weitem nicht um Weltstars handelt und ich kriege auch mit, wie krass teilweise die Mütter mit ihren Kindern umgehen, obwohl doch gerade sie ihre Kinder vor solchen Situationen schützen sollten. Aus dieser Thematik hätte man so viel mehr machen können, als Jessica Martinez es getan hat und darum gebe ich dem Buch auch bloß 3 Sterne. Trotzdem würde ich es gerade Leuten empfehlen, die selbst unter Druck stehen, in welchem Bereich auch immer. Ich kenne Leute, die müssen zu Medikamenten greifen, und die stört es nicht einmal. Das ist okay, das ist ihr Wille, aber wenn man sich so wie Carmen von der eigenen Mutter unterbuttern lässt und es sich absolut nicht mehr gesund anfühlt, sollte man etwas dagegen tun. Und genau diese Leute sollten Virtuosity auf jeden Fall lesen, denn ein wenig Mut macht es auf jeden Fall, selbst wenn Carmen am Ende selbst nicht so genau weiß, was sie nun mit ihrem Leben anstellen soll. Aber vielleicht ist es ja auch genau das, was sie gerade braucht: Freiheit, keinerleie Verpflichtungen und einen Neustart.

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