Vor mehr als 200 Jahren fand der letzte große Krieg der Menschen statt und ihre letzte Revolution.
Seitdem leben die Menschen, bewacht von Beschützern, die sich um ihr "Wohl" sorgen, in einer eingemauerten Stadt. Die Häuser sind aus Glas, die Menschen sind Nummern, jedes Auflehnen gegen den ungreifbaren großen "Wohltäter" wird mit öffentlicher Hinrichtung bestraft.
In dieser Welt erzählt D-503, Mathematiker und Ingenieur einer Rakete, die die Revolution ins Weltall tragen soll, als Ich-Erzähler im Tagebuchstil von der Welt die ihn umgibt. Dieser Welt ist er zunächst wohlwollend gegenüber eingestellt, er ist durch und durch in der Logik des Kollektivs verwurzelt. Individualität gehört aus seiner Sicht mit allen Mitteln des Staates beseitigt.
Dann trifft er bei einem Massenspaziergang auf I-330... .
Der Stil in dem Samjatin "Wir" geschrieben hat, die Zweifel seines Hauptcharakters und das zwar immer präsente, aber nie auftretende Staatssystem in Form des Wohltäters hat mich absolut überzeugt beim Lesen.
Dies unterscheidet meiner Meinung nach auch "Wir" von vergleichbaren Büchern wie "1984" oder "Schöne neue Welt".
Alles bleibt auf nebulöse Art und Weise doch nicht richtig greifbar, wird nie zu 100% sichtbar, aber immer zu 120% fühlbar.
Man versinkt immer tiefer in die Struktur einer, aus unserer Sicht (noch) unvorstellbaren Gesellschaft, bis zu dem Punkt an dem D-503s Argumente doch irgendwie sinnvoll klingen.
Das betrachte ich als eine herausragende Leistung von Samjatin, den Leser bis zu dem Punkt zu bringen. an dem er vor sich selbst erschrickt.
Ich kann das Lesen dieses Buches allen Fans von dystopischen Büchern nur empfehlen.
Jevgenij Samjatin
3,3 Sterne bei 3 Bewertungen
Autor*in von Wir.
Lebenslauf
Jevgenij Iwanowitsch Samjatin (geb. 1884) schrieb schon als Student sehr erfolgreiche Erzählungen und Satiren. Während der russischen Oktoberrevolution 1917 wurde er zum Revolutionshelden, geriet aber schon bald in Konflikt mit den neuen Herrschern. Als Folge durften seine Werke nicht mehr erscheinen. 1931 verließ Samjatin sein Heimatland. Doch im Exil erkrankte er an Tuberkulose und starb bereits 1937.
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Jevgenij Samjatin
Wir
Erschienen am 14.07.2020
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