Cover des Buches Der freie Vogel fliegt, Band 3 (ISBN: 9783905816747)
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Rezension zu Der freie Vogel fliegt, Band 3 von Jidi

Eine aufschlussreiche Comic-Reihe über das Schulsystem Chinas.

von Osilla vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Die Buchreihe gibt auf eine behutsame aber auch sehr offene Weise Aufschluss über das chinesische Schulsystem.

Rezension

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Osillavor 6 Jahren
Die Reihe "Der freie Vogel fliegt" basiert auf dem gleichnamigen Roman der Autorin Jidi und hat starke autobiographische Züge. Die Reihe ist durchgehend farbig illustriert und beinhaltet sowohl die deutsche, als auch die chinesische Version. Wer mehr über das chinesische Schulsystem erfahren möchte, sollte sich diese Reihe einmal näher anschauen.

Jidi, die eigentlich Yale Zu heißt, ist eine bekannte chinesische Künstlerin und Autorin. 2004 debütierte sie mit ihrem ersten Buch "Mein Weg". Bisher sind bereits 32 Bücher von ihr veröffentlich worden, einige von ihnen wurden ins französische übersetzt. Jidi ist als Bilderbuch- und Graphic-Novel Künstlerin tätig, schreibt aber auch Romane und ist Designerin und Redakteurin.
Ageng (auch hier handelt es sich um einen Künsternamen) ist ebenfalls in China sehr bekannt. Sie arbeitet als Illustratorin und Zeichnerin im Bilderbuch- und Comicbereich. Außerdem unterrichtet sie an einer Kunstschule. Sie erhielt sowohl in China als auch im Ausland diverse Auszeichnungen. An der 6-teiligen Comic-Reihe "Der freie Vogel fliegt" arbeitete Ageng über zehn Jahre lang.

Die Comic-Reihe "Der freie Vogel" fliegt erschien in China unter dem Titel "Standing on your tiptoe" und basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jidi. Die Reihe behandelt die Mittelschuljahre in China und die typischen Probleme Jugendlicher während dieser Zeit.

Band 3 wendet sich wieder stärker dem Leistungsdruck durch Lehrer und Eltern zu. Lin Xiaolu steht mehr als Beobachterin am Rand, während die Schicksale ihrer Freunde und Mitschüler ins Zentrum treten. Die sonst so erfolgreiche Cousine Ruirui nimmt sich aufgrund des Leistungsdrucks und wegen eines einmaligen Versagens das Leben. In diesem Band gibt es starke Anklagepunkte an die Lehrer sowie die Eltern, die dafür verantwortlich sind, dass die Kinder sich in der Not nicht an sie wenden, sondern eigene Auswegen suchen.

„Ihr Erwachsenen lehrt uns doch immer, dass wir nicht stolz auf unsere Erfolge sein sollen. Warum sagt ihr uns nicht, dass wir bei unseren Misserfolgen die Hoffnung nie aufgeben dürfen?“ (Band 3, Seite 80)

Lin Xiaolu hat sich wirklich witzige Überlebensstrategien für die zwischenmenschlichen Interaktionen angeeignet. Diese werden bildlich und farbenfroh dargestellt und erscheinen uns manchmal sogar eher als ungewöhnlich und peinlicher, als die eigentliche Situation, aus welche Lin Xiaolu gerade fliehen möchte.
Der enorme schulische Leistungsdruck in China war mir zwar bekannt, die Ausmaße aber dennoch nicht bewusst. Die ständige abendliche Stillarbeit, die Sitzordnung nach Leistung (gut vorne, schlecht hinten), die Fernsehberichterstattung über die Abschlussjahrgänge und die allgemein sehr öffentliche Behandlung der Klausurergebnisse sowie die Zurschaustellung von Erfolg und Versagen setzen sie Kinder unter einen enormen Druck, dem einige nicht gewachsen sind. Auch die Eltern erwarten immer nur gute Ergebnisse und gleichzeitig honorieren sie gute Noten nicht, sondern weisen immer wieder daraufhin, was noch besser wäre. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern scheint größtenteils stark gestört zu sein und von Misstrauen und Lügen dominiert.

„Je mehr man einem Kind vertraut, umso weniger sind eigensinnige Eskapaden zu erwarten. Doch werden Kinder rigoros überwacht und bekommen immer Druck von oben, werden sie zu Meisterlügnern und gekonnten Schauspielern. Die Kinder schämen sich dann auch nicht, wenn sie in ihren Eltern nur den Gegner sehen.“ (Band 3, Seite 132)

Die Schriftgröße ist in der deutschen Übersetzung leider recht klein geraten, was bei mir, neben dem starken Eigengeruch der bunt bedruckten Seiten, leider für Kopfschmerzen gesorgt hat. Deswegen gibt es für das Lesevergnügen einen Stern Abzug.
Die Buchreihe gibt auf eine behutsame aber auch sehr offene Weise Aufschluss über das chinesische Schulsystem und verschiedene gesellschaftliche Konventionen. Der autobiographische Charakter lässt darauf schließen, dass die Ereignisse nicht aus der Luft gegriffen sind und zumindest zum Teil das Schulsystem in China erbarmungslos und wahrheitsgetreu geschildert wird.
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