Olivier Bertin lebt in Paris. Er ist Porträtmaler, Junggeselle und seit Jahren der Geliebte der verheirateten Gräfin Anne de Guilleroy. Deren Tochter Annette wuchs bei den Großeltern auf dem Land auf, kehrt nun mit 18 Jahren aber nach Paris zurück. Bertin fühlt sich sogleich zu ihr hingezogen, ist sie doch das perfekte Ebenbild ihrer Mutter in jüngeren Jahren. Während er von den Gefühlen überwältig wird, die er für beide Frauen hegt, wird ihm und Anne zugleich auch der eigene körperliche Verfall zunehmend bewusst.
Maupassants Klassiker erzählt die Geschichte eines Künstlers gefangen zwischen Leidenschaft und Melancholie. Die Vergänglichkeit von Schönheit und Jugend stehen dabei ebenso im Zentrum wie die Zerbrechlichkeit aller beruflichen und zwischenmenschlichen Erfolge, die im Leben erreicht werden können. Bertin wird die Bedeutungslosigkeit seines Daseins bewusst, da am Ende doch stets der Tod wartet und allem ein Ende setzt; seinem Leben als solches, allen Beziehungen, mit der Zeit auch seiner Kunst. Maupassants Roman wird so zu einer psychologischen Studie, die nichts an Aktualität eingebüßt hat. Auch, wenn insbesondere die erste Buchhälfte einige Längen hat, lohnt es sich, durchzuhalten. Denn gerade der zweite Teil überzeugt in Hinblick auf die Figuren und die langsame Dekonstruktion ihres Selbstbilds, ihrer Jugend, ihres Standes in der Gesellschaft. Der Roman liest sich eher langsam, anfangs stellenweise fast ein wenig zäh. Nichtsdestotrotz ist er sehr beeindruckend in seiner Figurenzeichnung, die sich perfekt in die Kulisse des Fin de Siècle einfügt.
Schöner Klassiker


