Cover des Buches Aron und der König der Kinder (ISBN: 9783406689598)
Rezension zu Aron und der König der Kinder von Jim Shepard

Eine berührende Lektüre, die mich darüber hinaus beschäftigt

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 8 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 8 Jahren
Aron zieht mit seinen Eltern und Brüdern nach Warschau. Dann überfallen die Deutschen Polen und nach kurzer Zeit errichten sie in Warschau ein jüdisches Ghetto, in dem auch Aron künftig leben muss. Das Leben dort ist von Anfang an sehr hart, bald schon wird Aron und seine Familie mit Hunger, Krankheit und dem brutalen Vorgehen der "Obrigkeit" konfrontiert.
Doch der Neunjährige findet eine Zweckgemeinschaft, in der er mit anderen Kindern und Jugendlichen ums blanke Überleben kämpft. Sie stehlen, schmuggeln und tauschen alles, was möglich ist und ihr Dasein verlängert oder vielleicht ein klein wenig erträglicher macht. Doch die Freundschaft und Solidarität der Gemeinschaft wird schnell auf die Probe gestellt, denn in solch finsteren Zeiten denken nicht wenige erst einmal oder sogar ausschließlich nur an sich selbst.
In der tiefsten Dunkelheit menschlicher Geschichte begegnet Aron dem polnischen Arzt und Pädagogen Janusz Korczak, der gemeinsam mit Stefania Wilczyńska, einer Lehrerin und Erzieherin, das Dom Sierot, ein Waisenhaus, leitet. Nachdem Aron dem berühmten Arzt einige Male zufällig begegnet ist, nimmt ihn dieser schließlich ebenfalls in seinem Haus auf - eine Entscheidung, die Aron verändern wird.
Wer von den realen Figuren Janusz Korzcak und Stefania Wilczyńska schon einmal gehört hat, der wird nicht nur ahnen, wie die Geschichte weitergeht...

Jim Shepard setzt mit seinem Buch zwei realen Menschen ein Denkmal, das sie mehr als verdient haben. Aus der Sicht eines Kindes schildert der Autor die unfassbar grausamen Erlebnisse im Warschauer Ghetto und im Gegensatz zu all diesem zutiefst Schlechten berichtet Shepard von sehr viel Menschlichkeit, die nicht nur von Mitgefühl und Liebe, sondern auch von größter Selbstlosigkeit zeugt. Vor einem Mann und einer Frau, die selbst in Anbetracht der größten Inhumanität und Hoffnungslosigkeit nicht aufgeben, kann ich heute noch nur den Hut ziehen.
Auch wenn der Einstieg aufgrund der Perspektive und dem damit verbundenen Erzählstil nicht einfach war, so finde ich, dass Jim Shepard hier ein großartiges Buch vorgelegt hat. Es ist nicht nur thematisch sehr wichtig, weil es von Menschen erzählt, die in Deutschland kaum bekannt sind, sondern auch weil es durch den Jungen einen sehr eindrucksvollen Blickwinkel erhält. Aron, dessen Zukunft vor dem Einfall der Deutschen nicht sonderlich rosig aussieht, der als Kind im Ghetto - für mich als Leserin - greifbar abstumpft und der sich durch wichtige Begegnungen mit Menschen, die ganz anders sind, als die, die er größtenteils in den letzten Jahren erleben musste, stark verändert - trotz aller Sinnlosigkeit.

Dieses Buch berührt und erschüttert und die Lektüre ist in meinen Augen unbedingt empfehlenswert.
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