Rezension zu Vertraute Fremde von Jiro Taniguchi
Rezension zu "Vertraute Fremde" von Jiro Taniguchi
von erdbeerliebe.
Rezension
erdbeerliebe.vor 12 Jahren
Der 48 Jahre alte Hiroshi steigt in einen falschen Zug - und findet sich auf einmal in seiner alten Heimatstadt aus seiner Kindheit wieder. Er seufzt, lehnt sich zurück und denkt, naja, nimmst du halt den Zug zwei Stunden später zurück nach Kyoto, um dann etwas verspätet zurück zu deiner Familie zu kommen... Denkste! Plöp, und ehe er es sich versieht ist er auf dem Friedhof angelang, an dem aus seine Mutter begraben worden ist - und dann ist er auf einmal ein anderer Mensch. Oder vielmehr: Sein jüngeres Ich! 14 Jahre alt, nun vor dem Grabe seiner Urgroßmutter, Hiroshi wundert sich sehr. Es sind die 60er Jahre, kurz vor dem Zeitpunkt, als Hiroshis Vater die Familie verlässt. Und genau da wittert Hiroshi seine Chance: Wieso hat sein Vater damals seine Familie verlassen? Könnte er die Vergangenheit ändern? In schlichten, fast schon poetischen aber dennoch irgendwie sachlich bleibenden und nicht romantisierenden Bildern erzählt Jiro Taniguchi von Hiroshis Versuch, Fragen seiner Vergangenheit zu lösen. ...Und bleibt dabei kein bisschen langweilig. Sanft, ruhig aber mit viel Einfühlungsvermögen erzählt der Mangaka aus der Jugend Nakaharas. Dabei bekommt man als Leser nicht nur ein Gefühl für die japanische Kultur, das Manga greift auch die extenziellen Fragen auf: Wer bin ich? Und was kann sich alles ändern, wenn ich mich verändere? KANN man die Verhangenheit überhaupt ändern? Besonders gefallen hat mir die Tatsache, dass sich der plötzlich wieder 14 Jahre alte Hiroshi nicht einfach wieder wie ein Teenager verhält - er trägt stehts das Wissen und die Erfahrungen seines 48 Jahre alten Egos mit sich herum, und verändert damit nicht nur sich, sondern auch seine Umgebung.. Das Manga regt zum Nachdenken (oder Träumen) an und bleibt dennoch irgendwie realistisch. Die Handlungen und Gedankengänge des Protagonisten sind stehts vollkommen nachvollziehbar - auch für mich als 24 Jährige, die doch gerade mal etwas die Hälfte des Alters erreicht hat, wie Hiroshi. Empfehlen würde ich den Manga letztendlich jedem, der gerne ein Stück Japan und Vertrautheit, auch wenn es nicht die eigene ist, mit sich nehmen möchte. Denn genau das schafft "Vertraute Fremde" - man fühl sich selber dort, wo Hiroshi lebt(te) zu Hause.