Cover des Buches Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert (ISBN: 9783492307543)
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Rezension zu Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert von Joël Dicker

Die Wahrheit über die Wahrheit...

von Miamou vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Der Autor weiß mit seinem Buch zu unterhalten und überrascht seine Leser immer und immer wieder ! Einfach grenzgenial...

Rezension

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Miamouvor 7 Jahren
Obwohl mir Joel Dicker durchaus ein Begriff war, haben mich seine Bücher doch nicht gleich in Beschlag genommen, auch wenn man ja nach dem letztjährigen Erscheinen von „Die Geschichte der Baltimores“ ja gar nicht an ihm vorbei konnte. „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ habe ich ehrlicherweise „nur“ gekauft, weil es mir als Mängelexemplar zu einem „Spottpreis“ in die Hände gefallen ist. Nachdem ich es jetzt aber gelesen habe, will ich alle seine Bücher :-) Und nachdem er schon wieder ein neues in Arbeit hat, fiebere ich dem auch schon entgegen.

Der Plot des Buches ist an sich ja nicht ganz neu. Harry Quebert steht auf der Sonnenseite des Lebens, bis in seinem Garten (im Jahr 2008) die Leiche der vor etwa 30 Jahren verschwundenen Nola Kellergan gefunden wird. Sie war damals 15 und als Quebert dann auch noch zugibt, dass er mit ihr eine Liebesbeziehung hatte, ist Feuer am Dach. Das übertrieben sittenstrenge Amerika in Dickers Roman, nimmt sich den Autor Harry Quebert zum Fraß vor. Dieser wird aber aufgrund mangelnder Beweise bald wieder auf freien Fuß gesetzt. Sein Student Marcus Goldman, der immer wieder beteuert, dass er ohne Quebert nicht der große Schriftsteller geworden wäre, der er ist, steht seinem alten Professor zur Seite und beschließt die Wahrheit über diesen Fall ans Licht zu bringen und einen Roman darüber zu schreiben. Im Genick sitzt ihm nämlich sein Verleger, der endlich ein neues Buch von Goldman einfordert.

Marcus Goldman deckt schlussendlich aber viel mehr auf, als es zu Beginn den Anschein hat. Und über der angenommenen Wahrheit gibt es wieder eine neue Wahrheit, die aber auch nicht unbedingt wahr sein muss. So schafft es Dicker seine Leser in sein Buch zu ziehen und ihn soweit zu treiben jede neue Erkenntnis wieder zu hinterfragen. Dabei lässt er ihn aber nie allein und klärt alles schlüssig auf.

Gleichzeitig schafft er es auch viele aktuelle Themen in seine Geschichte aufzunehmen. Diese erstrecken sich über Aufdeckung von Lebenslügen, Moral in der Öffentlichkeit und wie man schlussendlich damit umgehen kann oder besser muss. Auch Dickers Erzählstruktur spielt diesen Themen in die Hände – er erzählt aus mehreren Sichtweisen in verschiedenen Zeiten (vornehmlich im Jahr 2008 und 1975, zwischendurch aber auch immer wieder in den 1990ern). So breitet sich die Geschichte von Harry Quebert und Nola Kellergan, gleichzeitig aber auch die von Marcus Goldman sehr kaleidoskopartig vor dem Leser aus und immer wenn man denkt, dass das nun schon das Ende sein muss, setzt der Autor noch einen drauf.

Was mich auch noch sehr beeindrucken konnte, waren die teilweise übertrieben – sartirisch dargestellten Charaktere, die in den Nebenrollen waren. So war beispielweise Goldmans Mutter ein Unikat, auch wenn man immer wusste, worauf die Gespräche zwischen ihr und ihrem Sohn hinauslaufen werden, hatten diese die Lacher auf ihrer Seite. Oder auch Goldmans Verleger, der ihm gehörig auf die Zehen stieg, damit die Verkaufszahlen ja passen. Am besten gefallen hat mir Sergeant Gahaloway…ich mag solche Typen, die Außen hin so rau wirken, in Wirklichkeit das Herz aber auf dem rechten Fleck haben.

Man kann dem Autor schon einiges vorwerfen, was er vielleicht hätte „besser“ machen können. Man kann sagen, dass er nicht allen Figuren die nötige Tiefe gegeben hat, dass die Sprache durchaus ausgereifter sein könnte, dass die Liebesgeschichte, um die sich alles dreht, doch sehr oberflächlich bleibt und dass die Auflösung des Kriminalfalls am Ende hin dann doch ein wenig konstruiert, ja vielleicht sogar unrealistisch und plötzlich wirkt. Das kann man wirklich alles tun und es ist auch durchaus nachvollziehbar, dass es Leser gibt, die das Buch genau deswegen zum Teufel jagen und den Hype darum nicht verstehen können.

Aber, der Roman bereitet Lesevergnügen und ich hatte einen Heidenspaß daran. Auch wenn er streckenweise vielleicht zu konstruiert wirkt, so ist er doch ausgeklügelt konstruiert und Dicker bringt immer wieder neue Wendungen in das Buch, sodass die respekteinflößenden 720 Seiten im Nu weggelesen waren.

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