Mit „Feine Kost“ bekommt der Leser einen Text der etwas anderen Art in die Hand. Es geschieht, im Sinne von zum Beispiel Action oder der Erzählung eines bestimmten Handlungsstrangs, nicht wirklich viel. Das Wesentliche wird schon auf den ersten Seiten schnell zusammengefasst.
Die 32 jährige Ji-Won findet schon seit jeher ihre Erfüllung im Kochen. Sie lässt sich entsprechend ausbilden und wächst tatsächlich zur begnadeten Köchin heran. Sechs Jahre lang ist sie die rechte Hand des Chefs im Restaurant „Nove“, dann macht sie sich mit einem eigenen Kochstudio selbstständig. Ihr Laden beginnt sich gerade zu etablieren, da bricht der Traum in sich zusammen. Sie erwischt ihren langjähriger Lebensgefährten mit einer anderen Frau. Sie trennen sich, Ji-Won verfällt in Depression und muss in Folge dessen auch ihr Kochstudio wieder schließen. Sie hat nicht nur ihren Mann verloren sondern auch die Lust am Kochen und, was vielleicht noch viel schlimmer wiegt, ihren Geschmackssinn.
Ji-Won kann nicht mehr tiefer abstürzen und es verwundert somit nicht, dass die koreanische Autorin Jo Kyung Ran den Beginn der Handlung zeitlich in den tiefsten Winter, nämlich in den Januar dieses Schicksalsjahres, legt.
Der Leser steigt sodann, über den größten Teil des Romans hinweg, tief in die Gefühls -und Gedankenwelten von Ji-Won hinab. Verliert sich fast in ihren inneren Monologen, (Traum-) Bildern und Grübeleien, ihrem Philosophieren über das Leben, das Kochen, die Liebe und ihren Möglichkeiten des Scheiterns, ihren Rückblicken auf Kindheit, Jugend und Ausbildung.
Wunderschön, mal sehr intensiv und eindringlich, oft auch hauchzart, wird so von ihrem vergangenen Leben und seinem Scheitern erzählt. Und davon, welche Bedeutung das Kochen, die Auswahl der Zutaten und die Art der Zubereitung darauf hatten und vielleicht wieder einmal haben. Welch erfrischende, aufmunternde, tröstende, Kraft spendende Wirkung Lebens-Mittel haben. Wie sich elementare Gefühle von Einsamkeit, Trauer oder Freude mit Kochzutaten ausdrücken lassen.
Fühlt sich Ji-Won in den ersten Tagen nach der Trennung so, als hätte man ihren Körper in eine riesige, heiße Pfanne gelegt in der sie allmählich zu einem kleinen Punkt schrumpfen und dann verschwinden würde, ohne das es jemand bemerkt, geht die weitere Entwicklung, fast in Zeitlupe, dahin, dass sie sich, bei einem Blick in den Spiegel, daran erinnert, dass ihre Augen wieder leuchten, ihre Haut wieder prall und die Muskeln wieder fest werden könnten, wenn sie sich nur etwas Schönes und Leckeres kochen würde.
Stück für Stück kehren die Lust am Kochen und ihr Geschmackssinn zurück. Ji-Won macht sogar so etwas wie Karriere an alter Wirkungsstätte im „Nove“. Wenn da nur nicht immer wieder dieser Stachel des Scheiterns der großen Liebe in ihre Seele stechen würde....
Zum Ende des Romans, ein halbes Jahr ist vergangen und der Leser erwacht so langsam aus einer merkwürdigen Trance, zieht die Handlung ein klein wenig wieder an. Denn: Rache für die erlittene Pein muss sein.
Alles in allem bietet der Roman feine, vielleicht sogar feinste Kost – aber dennoch lautet mein Rat, nach Möglichkeit zuerst mal etwas davon zu probieren, denn es wird nicht jedem schmecken.



