Rezension zu "In einer anderen Welt" von Jo Walton
Keine Science-Fiction, vielleicht Fantasy, vermutlich aber auch nicht – eher ein intelligentes Spiel mit den beiden Genres, das mehrere Literaturpreise zu Science-Fiction und Fantasy gewonnen hat.
Jo Walton ist eine in Wales geborene Schriftstellerin, die später kanadische Staatsbürgerin wurde. Ihr erfolgreicher Roman handelt in Tagebuchform vom Alltag und den Gedankengänge eines fünfzehnjährigen Mädchens, das an den Folgen eines Unfalls leidet. Das Mädchen, ebenfalls in Wales geboren, ist seit Kurzem zu seinem Vater, zu dem es zuvor keinen Kontakt hatte, nach England übersiedelt. Es liest Unmengen von Science-Fiction und Fantasy und setzt das Gelesene in Beziehung zu seinem Leben und eigenen „magischen Erlebnissen und Praktiken“. Die Autorin hält es bis zum Schluss (und darüber hinaus) in der Schwebe, ob ihre Protagonistin (mit einigen autobiografischen Bezügen) nun tatsächlich mit Magie um ihr Leben kämpfen muss, das Buch also Fantasy-Literatur ist, oder ob diese Magie der Schutz – im übertragenen Sinn – ist, den ein traumatisiertes Mädchen in der Wahrnehmung und Bewertung seiner Lebensumstände um sich aufbaut. Eine sehr intelligente literarische Konstruktion zur Unbestimmtheit und Fragilität „magischen Denkens“, die sich häufig nur wie nebenbei aus den Tagebucheinträgen entwickelt, und zuletzt selbst biografische Daten der Protagonistin, die zuvor als Tatsachen erschienen, wie zum Beispiel die Ursache für den Unfall oder eine dabei ums Leben gekommene Zwillingsschwester, in Frage stellt.