Rezension zu "Der Sommer der schwarzen Schafe" von Joanna Cannon
Es ist das Jahr 1976, das Jahr das für seinen unfassbar heißen Sommer berühmt wurde. In einer Straße, irgendwo in England, verschwindet plötzlich Mrs. Creasy. Natürlich sind alle in der Nachbarschaft in heller Aufregung. Wurde sie entführt, ist sie aus freien Stücken gegangen?
Die beiden zehnjährigen Freundinnen Greace und Tilly wollen der Sache auf den Grund gehen, denn was sonst kann man in dieser Hitze schon groß tun? Sie klopfen an jede Tür und arbeiten sich so durch die Straße, und die Nachbarn haben sogar Antworten für die beiden.
Dieses Buch ist grandios, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.
Da verschwindet eine Frau und noch nicht einmal der Ehemann kann sagen, wo sie geblieben ist. Diese Frau, Mrs. Creasy, mochte jeder, denn sie hatte für jeden Verständnis und ein offenes Ohr. Das brachte den ein oder anderen dazu, Sachen auszuplaudern, die er im nachhinein besser für sich behalten hätte. Das wird diesen Leuten jetzt klar, jetzt wo Mrs. Creasy mit den Geheimnissen auf und davon ist. Und so mancher wünscht sich wahrscheinlich, sie möge lieber nicht mehr auftauchen.
Grace und Tilly wollen in diesem Sommer Gott finden, damit der Mrs. Creasy wiederfindet. So stellen sie den Leuten die tollsten Fragen wie nur 2 "unschuldige" Kinder sie stellen können. Sie werden in die Häuser eingelassen und bekommen Antworten, und für den Leser entsteht nach und nach ein komplettes Bild.
Ein großer Teil der Geschichte wird aus Graces Perspektive in der Ich-Form erzählt. So kommt ihre Gewitztheit zu Tage, ihre grenzenlose Neugier und ihre Schlussfolgerungen, die nicht immer ins Schwarze treffen. Sie ist eine gute Beobachterin und nichts scheint ihr zu entgehen. Aber im nächsten Moment ist sie auch nur eine Zehnjährige, die Schutz und Liebe sucht.
Die Nachbarn verbringen dieser Tage viel Zeit an ihren Fenstern, um die Straße zu beobachten. Die Gerüchtküche brodelt, nicht nur in Sachen Mrs. Creasy. Jeder ist darauf bedacht, nicht zuviel preiszugeben. Und dann ist da noch dieses eine große Geheimnis. Etwas, das alle Bewohner der Straße zu verstecken versuchen, etwas, das alle Bewohner der Straße auf ewig aneinanderbindet.
Die Abwechslung der verschiedenen Perspektiven - ein Teil der Kapitel wird aus der Sicht der Nachbarn erzählt - und wie sie aufeinander aufbauen, fand ich so gut gewählt. Nie erfährt man als Leser etwas zu früh oder zu spät. Die Sprache ist malerisch, es gibt so schöne Sätze die ich mir am liebsten alle unterstrichen hätte.
Es passieren einerseits so lustige Dinge, dass man laut lachen muss, und dann wieder so schlimme, ernste Sachen, dass sogar die Stimmung ganz plötzlich wechselt. Ich mochte die Figuren die trotz ihrer Taten, oder gerade deswegen, völlig natürlich und ehrlich rüberkommen. Ich habe ihnen alles voll abgenommen.
Und dann bleibt da noch die Frage, ob du ein Schaf oder eine Ziege bist.
Das Buch ist für mich ein Jahres-Highlight, volle Punktzahl!