Jochanan Shelliem

 4,4 Sterne bei 5 Bewertungen

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Neue Rezensionen zu Jochanan Shelliem

Ein schockierendes Zeitzeugnis

Originale Tonbandaufnahmen, eine Stimmung, wie im Gerichtssaal selber und ein sehr ergreifendes Hörerlebnis.


Inhalt: Das Buch umfasst gerade einmal 55 Minuten, in denen es um den Auschwitz-Prozess in Hamburg geht.

Es wird angerissen, wie es zu dem Prozess kam, wie lang er dauerte und die Zeugen kommen per Alter Tonbandaufnahme zu Wort.


Fazit: Das Buch ist kurz, hat es aber ziemlich in sich. Die originalen Aufnahmen von damals, die Stimmen von Überlebenden die teilweise martialische Sachen geschildert haben… Ich hatte mehr wie einmal eine Gänsehaut.

Gleich zu Beginn kommt ein Arzt zu Wort, der seine Zwillingsmädchen ausgerechnet an Mengele ausgeliefert. Schon allein seine Aussage hat mich geprägt.


Die eingespielten Tonbandaufnahmen gestatten dem Hörer, das Feeling von damals. Stellenweise habe ich mich gefühlt, als hätte ich selber mit im Gerichtssaal gesessen. Und dann diese Kaltschnäuzigkeit von dem SS-Mann, der wirklich so zuversichtlich klang, als hätte er mal gar nichts verbrochen. Nein, so abgebrüht muss man erst mal sein.


Viel kann ich über dieses Hörbuch nicht schreiben. Es ist ja auch gerade einmal 55 Minuten lang. - Auf jeden Fall hat sich die Zeit gelohnt und mich hat es ziemlich betroffen zurückgelassen. Es ist schon ein Wahnsinn, was die Leute seinerzeit erlebt haben.


Ich kann dieses Hörbuch wirklich nur empfehlen. Es zeigt durch die originalen Tonbandaufnahmen einige Situationen im Lager Auschwitz oder dann auch im Gerichtssaal auf. Es ist emotianal wirklich sehr mitreißend und nimmt wirklich kaum Zeit in Anspruch.

Sehr intensives Tondokument

Und ich sagte meiner Frau (ich war mit Frau und drei Kindern, drei Töchterchen): „Tut nichts, Hauptsache, dass wir fünf zusammen sind. Und wir werden schon sehen, wie wir weiterkommen.“ Kaum sagte ich das, tritt schon ein anderer Soldat zwischen uns und sagte: „Männer nach rechts, Frauen nach links.“

 

Eigentlich sollte es dieses Tondokument überhaupt nicht geben. Die Tonbandaufnahmen, die die Aussagen der 359 Zeugen des ersten Ausschwitz-Prozesses festhielten, waren ursprünglich nur zur »Stützung des Gedächtnisses« während des Verfahrens gedacht. Nur einem Zufall ist es zu verdanken, dass sie nicht gelöscht wurden. 50 Jahre nach dem Prozess machte sich das Fritz-Bauer-Institut an die Aufbereitung der Bänder.

 

»Weinen Sie nicht, die gehen nur baden!« ist ein Zusammenschnitt einiger Aussagen, eingefasst von passenden Sachinfos. Vor allem die Zeugenaussagen Überlebender gehen an die Nieren, was man da hört, ist kaum zu ertragen.

Es ist das Wissen um die unglaublichen Grausamkeiten und Verbrechen, die das Zuhören schwermachen. Wenn da etwa ein Mann schildert, wie er – frisch angekommen und noch nicht begreifend, was auf ihn zukommen wird – besorgt darauf hinweist, dass er zwei kleine Zwillingstöchter hat, die besonderer Fürsorge bedürfen und er daraufhin die Anweisung bekommt, dies dem anwesenden Arzt zu berichten, der niemand anders ist als Dr. Mengele, dann brauche ich eine Pause, es geht nicht mehr anders.

Es ist nicht nur das, was gesagt wird. Es ist die Art, wie es geschieht. Und auch das, was nicht gesagt wird, setzt einem zu, weiß man doch, was geschehen ist.

 

Deutlich erkennbar wird auch, wie der Prozess das Leben der daran Beteiligten verändert hat. Wenn man hört, wie der Vorsitzende sein Schlusswort unterbrechen muss, wie sein Stimme bricht, dann ahnt man, dass er im Anschluss nicht nach Hause fahren und weiterleben konnte, wie zuvor.

 

Fazit: Sehr intensives Tondokument. Geht an die Nieren, sollte man sich im Kampf gegen das Vergessen aber antun.

Rezension zu "Begegnung mit einem Mörder" von Jochanan Shelliem

Es gibt wenige (Sach-)Hörbuchproduktionen, die Sachthemen historisch exakt vermitteln. In abgetrennten Blöcken wird die Geschichte um Eichmann erzählt. Zunächst seine Einbindung in das NS-System; dann - nach 1945 - seine Flucht nach Argentinien, von wo aus er mit einer Hand voll Altnazis eine ideologische und politische "Rückeroberung" Deutschlands starten will. Dabei entstehen Tondokumente und Schriftstücke, die später - stückchenweise - nach Deutschland gelangen und dort schließlich mit zur Ergreifung (und Aufbau der Anklage gegen Eichmann) durch den Mossad führen. Lang widmet sich der Autor des Feature den Verhörprotokollen durch die Israelis. Zu hören, wie sich Eichmann in der intelligenten Verhörweise verstrickt, ist erschütternd; wie er seine Mitwisserschaft und aktive Teilnahme leugnet, wie er sich als bloßen Vollstrecker, aber eben nicht als Ideologen der Nazis darzustellen versucht - und sich doch im Laufe des eigenen Verhörs ad absurdum führt. Hinzutreten die aus den argentinischen Exil gesammelten Schrift- und Tondokumente, die Eichmann der Lüge bezichtigen und stattdessen klar das Bild entstehen lassen, wonach Eichmann sehr wohl ideologisch klar den Nazis verpflichtet war und sogar aus eigenem ideologischen Antrieb Tötungsverfahren anordnete, durchorganisierte, Schießbefehle ausgab. Erst nach dem Krieg, bei den Israelis, denkt er doch tatsächlich, durch Leugnen sich aus der Schlinge lösen zu können, die sich sachte um seinen Hals zu legen beginnt, als der Prozess in Gang kommt. -- Zuletzt nimmt das Feature den eigentlichen Prozess und die vielen (sehr erschreckenden und erschütternden) Zeugenaussagen von überlebenden KZ-Häftlingen in den Focus, verbunden mit Eichmanns Aussagen hierzu im Prozess.
Das Feature berücksichtigt den aktuellen Forschungsstand; eine aktuell an den weit verstreuten und unsortierten Unterlagen forschenden Historikern wird immer wieder in das Feature eingebunden, bringt einen objektiven Blick und weitere Fakten in die Handlung. Sehr gut gemacht, unglaublich informativ und neben Hannah Arendts Die Banalität des Bösen eine sehr gute - anspruchsvolle - Einführung in dieses makabre und erschütternde Thema.

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