Cover des Buches Die Millionen von Neresheim (ISBN: 9783886273324)
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Rezension zu Die Millionen von Neresheim von Jochen Bender

Der Tod des Abtes

von mabuerele vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Spannend und sehr inhaltsreich! Unbedingte Leseempfehlung!

Rezension

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mabuerelevor 9 Jahren

„...Wenn er dich liebt, schlägt er dich auch mal...“

Lydia war auf den Weg zu ihrem morgendlichen Rudertraining. Doch ihr Boot lag nicht mehr am üblichen Platz. Nach einem kurzen Zögern holt sie das Boot von der neuen Stelle und rudert auf den Fluss. Da trifft ihr Boot auf ein Hindernis. Im Wasser liegt ein Toter.

Kriminalhauptwachtmeisterin Sultan Koc begibt sich an den Tatort, denn ihre Chefin Hauptkommissarin Anita Schenk ist verhindert. Die Spuren weisen auf Mord hin. An der Stelle, wo der Tote ins Wasser geworfen wurde, liegt eine Kippe. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote der Abt des Klosters Neresheim ist.

Die Geschichte geht spannend los. Der Autor versteht es, den Spannungsbogen über die ganze Zeit hochzuhalten. Das sorgt unter anderen dafür, dass mich das Buch schnell in seinen Bann gezogen hat. Hinzu kommt eine vielschichtige Handlung, die auch gesellschaftliche Aspekte aufgreift.

Die Protagonisten sind gut charakterisiert. Anita steht im Beruf ihren Mann. Sie kann logisch denken und vermag es, ihre Leute geschickt einzusetzen. Ihr einziges Manko ist manchmal ihre Nachsichtigkeit gegenüber Sultan.

Sultan ist Türkin. Sie kämpft nach wie vor mit den Folgen einer Kindheit voller Prügel und Unterordnung. Das zeigt sich in ihrem aggressiven Verhalten gegenüber Männern. Leider bekommt das auch ihr Kollege, Kriminalhauptwachtmeister Peter Lutz, zu spüren.

Für den Mord gibt es bald einige Verdächtige. Ein Unternehmer wollte das Kloster kaufen, um daraus ein Golfhotel zu machen, aber der Abt sträubte sich. Ein Weinhändler wurde am fraglichen Abend zusammen mit dem Abt gesehen. Das sind nur zwei der möglichen Täter.

Der Schriftstil ist dem Genre angemessen. Dabei variiert ihn der Autor geschickt. Die Dialoge bei den Verhören, die Anita durchführt, gehören zu den sprachlichen Höhepunkten des Buches. Durch gekonnte Fragetechnik und präzise Vorbereitung manövriert sie ihre Gegner genau dort hin, wo sie sie haben will. Es sind manchmal kleine Nebenbemerkungen, die der Geschichte ihre Würze geben.

So gibt sich der Weinhändler, der Türke ist, als Italiener aus, weil unterschiedliche Ausländer im Auge der deutschen Bevölkerung auch verschiedenes Ansehen genießen. Passende Metapher beschreiben die Emotionen der Protagonisten. Dabei geht es durchaus in die psychische Tiefe. Sexuelle Manipulation, Kindheitstrauma und die Arbeit mit Pädophilen sind nur einige Themen. Zwingend wird dargestellt, dass diese Probleme vor keiner Gesellschaftsschicht und keinem Beruf Halt machen. Obiges Zitat muss sich Sultan von ihrer Mutter sagen lassen, als ihr der Freund ein blaues Auge verpasst hat. Eine falsche Bemerkung kann ein Leben zerstören. Auch das wird thematisiert. Als besonderes Stilmittel verwendet der Autor Rückblicke in die Vergangenheit. Sie wurden kursiv eingefügt. Dabei hat mich das Gespräch des Abtes mit dem Lehrer Jens Eulenschläger besonders bewegt. Hier werden Fragen unserer Zeit in völlig neuen Kontext angesprochen. Dem Leser bleibt es überlassen, die eine oder andere für sich selbst zu beantworten.

Diebstahl, Steuerhinterziehung, Erpressung sind Dinge, denen die Kriminalisten nachgehen müssen. Nach vielen Umwegen wird die Geschichte logisch konsequent zu Ende geführt.

Das Cover ist eher unauffällig.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Der Autor versteht es, viele Themen geschickt miteinander zu verknüpfen und doch zum Schluss kaum eine Frage offen zu lassen. Dabei sind die Kriminalisten nicht fehlerfrei, sondern Menschen mit Stärken, aber auch Schwächen.

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