Rezension zu "Ein Jahr hat keine Zeit" von René Böll
Heinrich Böll – Ein Jahr hat keine Zeit: Gedichte
In dem Gedichtband „Ein Jahr hat keine Zeit“ lernen wir Heinrich Böll noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen. Fernab von seinen Prosatexten wie „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, „Ansichten eines Clowns“ oder „Gruppenbild mit Dame“.
Insgesamt ein interessanter und umfassender Eindruck, den man von Bölls lyrischen Werken bekommt.
Mit seinen Gedichten lässt er ganz andere Facetten erkennen. Ein Genre, in dem er sich ebenfalls zu Hause zu fühlen schien – so kommt es bei mir an. Die Gedichte lesen sich flüssig im Takt, beinahe, als hätte er das schon immer gemacht. Und das hat er in gewisser Art und Weise auch. Die lyrischen Texte reichen von 1936 – 1985. Lyrik aus seinen jungen 20ern bis zu seinem Tod.
Sein lyrisches Ich verleiht seiner (protestreichen) Meinung deutlich Ausdruck:
Themen sind in den frühen Jahren zunächst u.a. antimilitärisch, die NS-Kritik, Empathie für viele verschiedene „Randgruppen“ (u.a. „Vagabunden“, „junge Dirnen“) und die Ungerechtigkeit gegenüber derer.
In seinen späteren Gedichten, widmet sich das lyrische Ich der Stadt Köln (der Veränderung nach dem Krieg, den wuchernden Lebenshaltungskosten – schon damals!), der Kritik an der katholischen Kirche und der Kritik am Kalten Krieg/ den Bundeswehreinsätzen – spricht über die unnützen Toten.
Die abschließenden Gedichte sind zum Teil welche, die Böll privat für Freunde/ Familie geschrieben hat, z.B. zum Geburtstag, häufig jedoch mit aktueller Thematik.
Jochen Schubert und Dr. Gabriele Ewenz setzen die Gedichte zum Schluss noch einmal in einen zeitlichen/ biografischen Kontext – in zwei Etappen. Danach wird jedes Gedicht noch einmal datiert und wenn Informationen vorhanden, in einen eigenen Kontext gesetzt.
Eine tolle Ergänzung in dem Lyrikband sind die Faksimiles. Wir erhalten in Form von fotografischen Reproduktionen eine Idee davon, wie Heinrich Böll geschrieben hat (bzw. welche Urformatierung die Gedichte hatten, als sie für den Band gesammelt wurden). Mal sehen wir ein Gedicht komplett handschriftlich geschrieben, mal abgetippt und handschriftlich bearbeitet. Spannend!