Cover des Buches Wenn du für mich bist (ISBN: 9783963620058)
Damarels avatar
Rezension zu Wenn du für mich bist von Jody Hedlund

Into the West...

von Damarel vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Auftakt einer Triologie, der zwar noch Luft nach oben hat, aber Lust auf mehr macht.

Rezension

Damarels avatar
Damarelvor 6 Jahren
Im New York der 1850er Jahre und zu Zeiten der ersten Wirtschaftskrise hatte man es als Einwanderer nicht leicht. Umso härter trifft es Elise Neumann als nach ihrem Vater auch noch ihre Mutter stirbt und die 19jährige plötzlich allein verantwortlich für ihre jüngeren Geschwister ist. Und so bleibt Elise nichts anderes übrig, als sich als Näherin für eine der ständig neu entstehenden Städte im Westen von Amerika zu verdingen, um Geld zu verdienen. Zu ihrer Überraschung trifft sie dort auf den Mann, der ihr schon einmal in einer brenzligen Situation hilfreich zur Seite stand. Thornton Quincy stammt aus einer reichen Unternehmerfamilie und steht gesellschaftlich so weit über ihr, dass er sie im normalen Leben wohl nie bemerkt hätte. Doch in den neu entstehenden Städten des Westens gelten andere Regeln...

Auch diesmal hat Jody Hedlund sich einem interessanten, aber in Romanen bisher eher vernachlässigten Thema gewidmet. „Wenn Du für mich bist“ greift einerseits die Nöte der (deutschen) Einwanderer zu Zeiten der ersten großen Weltwirtschaftskrise auf. Andererseits zeigt sie die beginnende Erschließung des amerikanischen Westens anhand der Errichtung der Eisenbahnlinien. Sie beleuchtet diese beiden durchaus interessanten Themen jeweils aus der Sicht ihrer beiden Hauptfiguren und dies gelingt ihr auf historischer Ebene für einen Liebesroman äußerst professionell und interessant. Die Recherche der Autorin reicht weit über ein bisschen oberflächlichen Hintergrund für die Liebesgeschichte hinaus und man kann so einiges über wenige bekannte Teilbereiche der amerikanischen Geschichte lernen.
Hinzu kommt ein runder Schreibstil, der sehr bildhaft ist und die Kulisse vor dem inneren Auge entstehen lässt. Edle Herrenhäuser, die Armenviertel von New York oder die neuentstehende Stadt in der Einöde von Illinois, Jody Hedlund weiß sie alle gleichermaßen gut zum Leben zu erwecken.
In erster Linie ist das Buch natürlich trotzdem eine Liebesgeschichte. Und diese konnte mich leider nicht so abholen und mitnehmen, wie ich es mir gewünscht hätte. Die beiden Hauptcharaktere sind nicht unsympathisch, aber mir blieben die beiden eher fern und gingen mir nicht wirklich ans Herz. Elise, die weibliche Hauptfigur, erschien mir immer etwas zu kalt, zu beherrscht, zu moralisch integer, während Thornton, ihr Gegenpart, allein darauf konzentriert schien, Gunst und Bestätigung von irgendwem (seinem Vater, Elise…) zu erlangen. Die Geschichte der beiden schien mir einzig darauf ausgelegt, dass sie (das arme Einwanderermädchen) als moralischer Kompass für ihn (den reichen Erben, mit den Mitteln die Welt zu verbessern) fungiert. Das fand ich für eine Liebesgeschichte etwas zu einseitig und teilweise auch zu moralisch belehrend.
Darüber hinaus hat mir ebenfalls etwas Humor und Pfiff gefehlt zwischen den beiden. Die Autorin flicht zwar immer wieder Wortgefechte der beiden ein, die wohl für die nötige Auflockerung sorgen sollen, aber mir war dieser Humor einfach zu brav und langweilig.
Insgesamt hat mich der Grundtenor der Geschichte sehr an Elizabeth Gaskells „North and South“ erinnert ohne wirklich so tief zu gehen wie die Vorlage.
Lobend erwähnen muss allerdings die Nebencharaktere, die liebevoll und interessant ausgearbeitet waren und mich bei Weitem mehr gefesselt haben als die Hauptfiguren. In den USA gibt es bereits zwei weitere Bände um die Schwestern von Elise. Die Neugier auf die Schicksale der anderen wurde bei mir definitiv geweckt.
Enttäuscht hat mich vor allem auch der Schluss der Geschichte, in dem wie in einem Märchen so ziemlich jedes Hindernis aus dem Weg geräumt wird. In einer Liebesgeschichte möchte man natürlich, dass das Paar sich am Ende bekommt. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, aber der totale rosa Plüsch, der hier am Ende aufgefahren wurde, stand für mich in krassen und unpassenden Gegensatz zu dem bisherigen Bemühen des Buches, vor allem die Grautöne und die sozialen Schwierigkeiten dieser Zeit darzustellen.

Insgesamt ist „Wenn Du für mich bist“ ein vor allem in Bezug auf die historische Recherche lesenswertes Buch verbunden mit einer mittelmäßigen Liebesgeschichte. Ein brauchbarer Auftakt zu einer Reihe, die noch Entwicklungspotenzial nach oben hat.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks