Cover des Buches Soldierboy (ISBN: 9783939212997)
Rezension zu Soldierboy von Joe Haldeman

Visionär und Bewegend

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein Beweis für Haldemans guten Ruf. Grandios geschrieben!

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 9 Jahren
So, wie H.G. Wells in seinem 1903 erschienen Werk „The Land Ironclads“ die Entwicklung der Kriegsführung der nächsten jahrzehnte voraussieht, tut es Joe Haldeman in seinem Roman „Soldierboy“ (im Original übrigens „Forever Peace“)

Haldeman interpretiert in dem 1998 erschienen Werk die Weiterentwicklung der kriegsführung genau richtig, wie man heute, 17 Jahre später, gut sehen kann. Sein Buch erzählt von einem Krieg, der die Welt in den klauen hält, ausgetragen zwischen zwei großen Machtblöcken. Die eigentlichen Schlachtfelder werden nicht mehr von herkömmlichen Soldaten beherrscht, sondern von „Soldierboys“: Kampfmaschinen, die von hoch spezialisierten und gebildeten Operatoren aus der sicheren Entfernung gelenkt werden. Wer dabei nicht die Parallelen zum boomartigen Einsatz der Drohnen in unserer Zeit sieht, dem ist nicht zu helfen. Die Soldierboys werden immer in kleinen Rudeln eingesetzt, die Operatoren sind dabei untereinander vernetzt. Und das ist nur ein Aspekt: Auch die terroranschläge der frühen 2000er Jahre nahm Haldeman vorweg, wenn auch in einer weit drastischeren Form.

Joe Haldeman ist ein Autor, den seine Erfahrungen aus dem Vietnamkrieg tief geprägt haben, und das ist vielen seiner Werke anzusehen. Er hat Krieg erlebt und glorifiziert das Schlachten niemals, vielmehr gelingt es ihm, mit nüchterner Sachlichkeit die Zahnräder und Mahlwerke zu beschreiben, die der Krieg bedeutet. Der Mensch ist des Menschen größter Feind und aufgehetzt durch Propaganda und Machtgedanken rottet die Spezies Mensch sich bekanntlich gegenseitig aus. Das ist eine bittere Realität, die wir in den behüteten Industriestaaten gerne vergessen.

Wir begleiten Julian Glas, einen der Operatoren. Eigentlich Wissenschaftler ist der mann nun die Person am roten Knopf, führt den technologischen Stellvertreterkrieg an vorderster Front. Und seine Erlebnisse haben den Mann zutiefst gezeichnet, ja, an den Rand des Suizids gebracht. Ihm zur Seite steht Amelia Harding, seine Partnerein – ebenfalls eine Wissenschaftlerin. Schnell entfaltet sich eine Geschichte, der es nicht an Schnelligkeit und vor allem an Tragweite mangelt.
Unsere Protagonisten finden heraus, dass diejenigen Operatoren, die miteinander vernetzt waren nach einer bestimmten zeit eine drastische Verhaltensänderung an den Tag legen: Sie entwickeln sich zu Pazifisten. Könnte dass der Weg für die Menschheit sein, endlich aus einem ewig währenden Kreislauf des Kriegs auszubrechen? Wer sagt denn, dass es kein Versuch wert wäre?

Die Motive hinter der geschichte gefallen mir gut: kriegstechnologie liefert den scheinbaren Ausweg, den die menschheit seit Anbeginn der Zeiten nicht gefunden hat. Und auch die Botschaft, die Haldeman transportiert, kommt mir sehr entgegen. Wir brauchen keinen Heiland, kein höheres Wesen und keinen Gott, der uns errettet. Wir brauchen Glauben – an uns selbst. Wir sind die Schmiede unseres Schicksals, und wenn wir nicht in der Lage sind, unsere schädigenden muster zu durchbrechen und neue Wege zu gehen, wird es niemand anderes für uns tun.

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