Cover des Buches Drive-In (ISBN: 9783641155513)
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Rezension zu Drive-In von Joe R. Lansdale

Blut, Schweiß und Nihilismus

von thursdaynext vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein außergewöhlich starkes, mitreißendes Stück Literatur, dass einen packt und nicht mehr loslässt so man bereit ist sich darauf einzulassen

Rezension

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thursdaynextvor 7 Jahren

Joe R. Lansdales Drive - In Trilogie ist mit eines der fiesesten, ekelhaftesten und faszinierendsten Bücher die am Horrorgenre angelehnt sind das ich jemals gelesen habe. An Schrecken und Albtraumpotential von Lovecrafts Berge des Wahnsinns reicht es zwar nicht heran. Aber ein derart philosophischer Erguss, der das Leben mit all seinen widerlichen Facetten dermassen feiert ist mir bis dato noch nicht untergekommen. Hier werden Urinstikte und Triebe angesprochen, Charaktere an jenen gemessen und filettiert (teils wörtlich zu nehmen) dass es eine (fragwürdige) Freude ist. Blendet man die Kotze, die Scheiße, den Irrsinn und das blutige Gemetzel aus und hinterfragt bleibt das Leben übrig. Leben, welches unter exakt solchen Bedingungen das Licht der Welt erblickt und unter, seien wir ehrlich, ebenso lächerlichen Bedingungen erst entsteht.

Lansdale zelebriert den Überlebenswillen. Er feiert unsere kleine, fragile, armselige Existenz, ist sie doch alles was wir haben. Insofern kann man diesen Splatter HorrorMystery Thriller (Lansdale selbst würde ihn unter Weird Fantasy einordnen) durchaus auch unter zenbuddhistischen Aspekten lesen, sich jegliche Interpretation verkneifen und einfach nur der völlig abgefahren Story folgen sich in ihren Sog reißen lassen und mitschwimmen.

Allein schon seine handlungsbestimmenden, zuerst völlig abstrus, dann aber stimmigen Ideen und der Plot sind es wert dieses wirklich stellenweise brutal abstossende Buch über das Menschsein zu zu lesen. Das Hohelied der Menschlichkeit und der Schönheit der Existenz ausgerechnet in einem Horror Splatter und es dringt laut und deutlich an des Lesers Ohr? Yepp, genau diesen Spagat kriegt Lansdale auf faszinierende und überzeugende Art hin. Das ist Kunst. Beuys Fettecke dagegen ist zurecht der Reinigungskraft zum Opfer gefallen, sie konnte weg. Lansdales Statement ist viel tiefschichtiger und durchdringender an der Wahrheit kratzend. Schmerzhaft, schleifend, und doch zum Licht führend.

Lansdale selbst sagt im Vorwort über diesen Roman er sei etwas Einmaliges. Viele Leute liebsten diesen Roman ob seines Humors und seiner Leichtigkeit und seinem Unterhaltungswert. Andere halten ihn für das Düsterste was er je geschrieben habe. Ich bin zweigeteilt alle diese Apsekte sind vorhanden und jenach Stimmung auch erfahrbar. Wie Lansdale sagt ist dieser Roman entstanden, indem er seinem Unterbewustsein die Führung überliess. Das Schreiben war für ihn eine mühsame und quälende Angelegenheit. Mühsam zu lesen ist er nicht, quälend durchaus, nicht nur im Hinblick auf die ekelhaften Szenen wie den Kannibalismus, sondern viel mehr hinsichtlich des tiefen Blicks in die Abgründe des menschlichen und den Abründen des Religionsirrsinns der hinter jeder Religion steckt, mal mehr mal weniger vom Zivilisationslack übertüncht. Wie Rost taucht dieser Irrsinn immer wieder auf. Auf ewig ist er der Gewinner.

Dietmar Dath, der Übersetzer der Trilogie schreibt im Nachwort: Übrigens: Das Geheimnis grausamer Kunst ist das Mitleid. Sie spricht es nicht aus. Sie bewahrt es in ihrem schwarzen Herzen und weil sie es sicher bewahrt, schlägt dieses Herz sehr stark.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

28 Dodos meinerseits.

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