Cover des Buches Ein feiner dunkler Riss (ISBN: 9783518464977)
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Rezension zu Ein feiner dunkler Riss von Joe R. Lansdale

Einen Sommer zum Erwachsen werden

von Taluzi vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ohne erhobenen Finger lehrt der Autor dem Leser wie man Menschen mit Respekt und Würde behandelt.

Rezension

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Taluzivor 8 Jahren

East Texas 1958; Farbige wurden diskriminiert und von den meisten Weißen nicht geachtet, trotzdem lebten sie in den selben Städten, wie in Dewmont. Stanley wächst mit seiner Schwester, Mutter und Vater in einfachen Verhältnissen auf. Sie betreiben ein Autokino und beschäftigen dort auch Schwarze. Stanley ist 13 Jahre alt und glaubt fast noch an den Weihnachtsmann.

Aber im Jahre 1958 wird sich alles für ihn ändern.

Sein Freund Richard wird mehr und mehr von seinem Vater tyrannisiert, die Köchin flieht vor ihrem gewalttätigen und trinkenden Mann und Stanleys Schwester Callie hat den Rest ihres Lebens Stubenarrest wegen einem Jungen, mit dem sie nur geflirtet hat.

Das wäre eigentlich schon genug Stoff für die Sommerferien, aber in den Ferien begeistert sich Stanley auch noch für eine alte Spukgeschichte: in ein und derselben Nacht sind zwei Mädchen auf tragische Weise umgekommen. Die eine verbrannte in ihrem Elternhaus und die andere verlor ihr Leben bei einem Bahnunfall. Ihr Kopf wurde nie gefunden.

Durch alte Briefe die Stanley findet, stellt er fest, dass beide Mädchen sich sehr gut kannten. Gemeinsam mit Callie, Richard und Buster will er herausfinden was damals wirklich passierte.

Ich nahm das Buch in die Hand und konnte es nicht weglegen. In diesem Sommer 1958 wird Stanley ein großes Stück erwachsender. Sehr gut war seine Entwicklung nach zu vollziehen, wie er aufgeklärt wird, wie er sich eine eigene Meinung über Schwarze bildet und wie er das Rätsel um die toten Mädchen Stück für Stück löst. Anfangs musste Stanley vieles über das Leben erklärt bekommen. Das machten seine Schwester, die eh Stubenarrest hatte und der Filmvorführer Buster, der früher mal so was wie ein Polizist war. Nach und nach wird Stanley reifer und kann sich immer mehr über das Leben selber zusammenreimen und kombinieren. Authentisch wird diese Entwicklung von dem naiven Jungen, der dem Weihnachtsmann hinterher trauerte zu dem reifen Jugendlichen, der mit Gewalt und Tod in Berührung kam, dargestellt.

Der Autor Joe R. Lansdale erzählt das Leben in der amerikanischen Kleinstadt in den 50iger Jahren sehr überzeugend. Es ist geprägt von herrischen Männern und dem Rassismus.

Die Familie Mitchel lässt Buster und Rosy Mae für sich arbeiten, hat aber anfangs noch die Einstellung, dass man mit ihnen nicht die Zeit verbringen sollte. „Farbige mögen es nicht, wenn man sie Nigger nennt. Ich bin vielleicht zu feige, um Zeit mit Negern zu verbringen, aber ich weiß, dass das falsch von mir ist – und dass es falsch ist, Nigger zu ihnen zu sagen. … Die Welt hat einfach noch nicht kapiert, wie man die Menschen behandeln sollte.“ Seite 43.

Die Bürgerrechtsbewegungen und das Verbot der Rassendiskriminierung wird indirekt vom Autor angeschnitten. Denn Buster und Rosy Mae werden ein Bestandteil der Familie Mitchel: „Ich begrub sie auf der anderen Seite der Stadt auf dem Friedhof, wo auch meine Eltern liegen – dem Friedhof, auf dem noch vor dreißig Jahren nur Weiße bestattet werden durften.“ Seite 350.

Ohne erhobenen Finger lehrt der Autor dem Leser wie man Menschen mit Respekt und Würde behandelt.

Der Krimi ist spannend. Die Spannung steigerte sich kontinuierlich und die vielen Nebenschauplätze störten überhaupt nicht, sondern bereicherten die Geschichte. Bis zum Schluss rätselte ich was mit beiden Mädchen wirklich passiert ist und wer da hintersteckt. Das Ende war überraschend und irgendwie traurig.

Das Buch hat mich voll und ganz überzeugt!



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