Rezension zu "Das Geheimnis erfolgreicher Anleger" von Joel Greenblatt
Das amerikanische Original dieses Buches trägt einen ehrlicheren Titel, nämlich: "The Big Secret for the Small Investor: A New Route for Long-Term Investment Success". Es geht also um einen neuen Erfolgsweg für den Kleinanleger im sogenannten Value-Investing.
Wer mit relativ wenig Geld bei dieser Anlageform selbstbestimmt mitmachen möchte, muss die Fähigkeit besitzen, den zukünftigen Wert eines Unternehmens einigermaßen treffsicher einzuschätzen, um dann möglichst billig (in diesem Sinne) an entsprechende Beteiligungen zu gelangen. Deshalb beschäftigt sich der Autor zunächst mit solchen Schätzungen und Berechnungen. Er zeigt, welche Möglichkeiten dazu entwickelt wurden und diskutiert deren Vor- und Nachteile.
Joel Greenblatt (nicht zu verwechseln übrigens mit dem Trader Jeff Greenblatt) ist renommierter Wirtschaftsprofessor und erfolgreicher Value-Investor. Manchmal wird diese Anlageform als die einzig wahre Möglichkeit angesehen, um an den Aktienmärkten, um die es hier ausschließlich geht, Geld zu verdienen. Wenn man Greenblatts Ausführungen zur Ermittlung von zukünftigen Unternehmenswerten liest, dann wird sehr deutlich, dass es im Grunde keinen prinzipiellen Unterschied zur technischen Analyse eines Marktes gibt, die von Value-Investoren gelegtlich abschätzig als Kaffeesatzleserei bezeichnet wird. In beiden Fällen versucht man aus der Vergangenheit und Gegenwart auf eine wahrscheinliche zukünftige Entwicklung zu schließen und vernünftige Einstiege zu finden.
Greenblatt kommt nach seinen Ausführungen über die zukünftige Wertentwicklung von Unternehmen zu dem eindeutigen Schluss, dass es für Value-Investoren einen einfacheren Weg gibt als den der eigenen Analyse. Gleichzeitig stellt diese Erkenntnis das angebliche Geheimnis dar, um das es in diesem Buch geht. Und leider handelt es sich dabei um ein sehr spezielles Geheimnis, das man in Deutschland nicht ganz so einfach nutzen kann.
Da, wie der Autor scharfsinnig erläutert, aktiv geführte Fonds dauerhaft den Markt kaum schlagen können, empfiehlt er das Investieren in Indizes. Entweder direkt oder über ETFs. Er schreibt:
"1. Nach der Marktkapitalisierung gewichtete Indizes schlagen die meisten aktiven Manager.
2. Gleichmäßig gewichtete Indizes und fundamental gewichtete Indizes schlagen nach der Marktkapitalisierung gewichtete Indizes.
3. Value-gewichtete Indizes schlagen alle genannten!"
Was solche Indizes sind, wird im Buch näher erläutert. Beispielsweise ist der S&P 500 ein nach der Marktkapitalisierung gewichteter Index. Bei Value-gewichteten Indizes werden zur Auswahl beispielsweise die letztjährige Gewinn- ("Billigkeit") und die letztjährige Kapitalrendite von Unternehmen ("Qualität") herangezogen.
Die Schwierigkeit, vor der der willige Investor allerdings nun steht, ist die Tatsache, dass es solche Indizes kaum gibt. Er muss dazu auf eine vom Autor eingerichtet spezielle, aber frei zugängliche Website gehen, um sich zu informieren. Oder er legt sein Geld zunächst in Value-Index-ETFs an, die allerdings wiederum nicht Value-gewichtet sind. Aber auch solche ETFs sind eher selten. Im Anhang findet man sieben genannt. Und die beziehen sich auf die USA.
Leider wird der deutsche Leser dieses Buches damit doppelt in die Irre geführt. Zunächst vermutet man wahrscheinlich hinter diesem Buchtitel einen ganz anderen Inhalt. Wenn man das hinter sich gebracht hat, muss man erkennen, dass einem das enthüllte Geheimnis wahrscheinlich wenig nutzen wird.
Der Text ist didaktisch hervorragend geschrieben, aber dennoch gelegentlich ermüdend, weil die Materie einfach zu trocken ist. Immerhin kann man einige elementare, aber sehr lehrreiche Erkenntnisse zur Bestimmung von Unternehmenswerten mitnehmen.