Cover des Buches Karl der Große (ISBN: 9783406652899)
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Rezension zu Karl der Große von Johannes Fried

Gewalt und Glaube

von M.Lehmann-Pape vor 11 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 11 Jahren


Im Januar 2014 jährt sich zum 1200mal der Todestag Karls des Großen. Anlass für Johannes Fried, zu diesem Anlass auch einen gewichtigen Teil seines eigenen Lebenswerkes vorzulegen. Der emeritierte Professor für mittelalterliche Geschichte geht auf den gut 630 Seiten des Buches (mit anschließende umfassenden Anhang) umfassend, fundiert und auf der Basis vielfacher Quellen (und Indizien und Analogieschlüssen) dieser Herrschergestalt des Mittelalters nach.

Chronologisch geordnet zeigt Fried dabei auf, wie Karl bereits im Heranwachsen durch die Atmosphäre der Zeit geprägt wurde, schon in dieser frühen Phase die Grundthemen seiner Herrschaft und seiner Ziele gelegt wurden. Das Christentum auszuweiten, den eigenen Einfluss zu verbreitern, das Reich zu sichern, den Wandel der Welt zu erfassen und darauf zu reagieren, immer über den eigenen „Tellerrand“ hinauszublicken und Verbindungen und Beziehungen in die gesamte damals bekannte Welt zu knüpfen. Verbindungen und Beziehungen, die zu vielfachen Wechselwirkungen des sich ausweiteten Frankenreiches gerade mit der orientalischen Welt führten, Ausweitungen, die Zeit seiner Herrschaft auch mit durchgehenden gewaltsamen Auseinandersetzungen einhergingen.

„Von seinem ersten bis zu seinem letzten Herrscherjahr zog er in den Krieg“, formuliert es der Klappentext des Buches. Ein historischer Fakt, eine „Grundhaltung der Zeit“, die bereits in den jungen Jahren Karls prägend im Raume stand, wie Fried dem Leser vor Auge führt.

Wie überhaupt Fried hohen Wert darauf legt, den historischen „Raum des Mittelalters“ in vielfachen Facetten zu beschreiben, um dem Leser diese (fremde) Welt möglichst umfassend nahe zu bringen. Notwendige Voraussetzung in den Augen Frieds, um die Person Karl des Großen einordnen und in seinem Handeln verstehen zu können.

„Schlachtgetümmel, wohin er sah; der Umwelt, in der Karl aufwuchs, konnte er nicht entrinnen“.

Ein prägendes Element, natürlich aber nicht eine unreflektierte Grundhaltung, die durch Karl monoton „einfach so“ weiter vollzogen worden wäre. Durchaus zielgerichtet hat Karl in seiner Herrschaft auch vielfache andere Instrumente strategischen Handelns eingesetzt, wie Fried ausführt, um sein Reich zu festigen, auszuweiten und die Erkenntnisse anderer Kulturen für „seine Welt“ zu nutzen und zu sichern. Wie hoch der Einfluss gerade des Orients und des Islam für das Frankenreich unter Karl dem Großem war, auch davon kündet Fried in dieser Biographie und zeigt auf, dass dieser Einfluss noch weit größer war, als gemeinhin bereits angenommen.

Zudem lässt Fried immer wieder auch die Persönlichkeit Karls mit lebendig werden.

„Von Askese war Karl weit entfernt. Erfrischende Sinnlichkeit durchzog sein Dasein“. Dennoch aber, die Glaubensausbreitung und die Erziehung des Volkes zum Glauben waren zeitlebens vorherrschende Ziele Karls. Auch die Gründe für diese klare Haltung und Ausrichtung setzt Fried bereits in der Prägung der jungen Jahre an.

„Gier, Machtkämpfe, Gewalt und Eidbruch regierten die Welt, in der Karl erzogen wurde. Er wuchs in einer agonalen Gesellschaft auf“.

Eine Welt, die Karl „zu verbessern“ gedachte und dabei in seinen frühen Herrschaftsjahren zeigte, dass er aus den Fehlern der „Familiengeschichte“ seine Schlüsse gezogen hatte. Ein schlagkräftiges Heer, ein energischer Zug zur inneren Einheit und eine kühle, unterbindende Haltung gegen alles, was nach Trug und Verrat roch festigten in wenigen Jahren das Reich und seine Herrschaft ebenso, wie die konsequente Begegnung gegen alle Gefahren von Außen.

Genauso gründlich (und teils mit Längen und unnötiger Breite) wie die jungen Jahre beschreibt Fried die Umwelt des Frankenreiches, die frühen Herrschaftsjahre des „Kriegskönigs“ und die Faszination und Reibung mit Byzanz, den später ausgeprägten „Schutz der Kirche“ und die „Stärkung des Glaubens“, die Installation eines „Bildungssystems“, die Erneuerung der Kaiserwürde und die dann, in der letzten Phase der Herrschaft Karls, „Ordnung des Imperiums“.

Auch wenn durchaus nicht selten Indizien die Grundlage für Frieds Einlassungen bilden, in sich schlüssig wirkt das Bild, dass er von Karl und seiner Herrschaft vermittelt. Umfassend und breit wirft er einen Blick auf die Welt Karls des Großen und vermittelt dem Leser damit einen weiten Eindruck von den vielfältigen Verbindungen, Einflüssen, Konkurrenzen und der darin erkennbaren sehr klaren Handlungsweise und Zielausrichtung Karl des Großen.

Eine historische Biographie, die Person und Zeit fundiert darstellt und keine wesentlichen Fragen offen lässt, die aber nicht immer einfach in ihrem ausschweifenden Stil zu lesen ist.

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