Rezension zu "Frank Sinatra und seine Zeit" von Johannes Kunz
In Abwandlung des Filmtitels „Verdammt in alle Ewigkeit“ beginnt der Nachruf der FAZ auf Frank Sinatra mit den Worten „Verehrt in alle Ewigkeit“.
Johannes Kunz, Journalist aus Österreich und profunder Kenner der Jazz-Szene, hat zum 100. Geburtstag Frank Sinatras im Jahr 2015 eine schöne, sehr sachliche Biographie des Ausnahmekünstlers herausgebracht.
Kunz vermeidet den Blick auf Skandale und Skandälchen, die es rund um Frankie-Bay sicher en masse gab und beschäftigt sich mit dem musikalischen Umfeld.
So erfahren wir Leser vorab viel über Jazz, Swing, schwarze und weiße, E- und U-Musik bevor wir uns überhaupt mit dem Phänomen Sinatra beschäftigen.
Wer war er nun, dieser schmächtige Sohn italienischer Einwanderer?
Geboren am 12.12.1915 in Hoboken, New Jersey, der Vater ein mittelmäßig erfolgreicher Boxer, die Mutter eine ehrgeizige Hebamme, die alles dafür tut, aus den bescheiden, aber doch geordneten Verhältnissen nach oben zu kommen.
Schon als Teenager verschreibt er sich der Musik, verlässt das College ohne Abschluss und tingelt mit der Band „The Hoboken Four“ durch die Bars.
1935 gewinnt er mit den „Hoboken Four“ einen Amateurwettbewerb und startet damit seine nahezu 60-jährige Sängerkarriere.
Sinatra hat nie eine professionelle Gesangsaubildung erhalten. Doch einige Kollegen und Kolleginnen geben Tipps, die er sich aneignet. Auch in der klassischen Musik findet er Anregungen, die er für sich nutzt.
Die Zusammenarbeit mit den Größen des Musikbusiness liest sich wie das Who is Who, desselben: von Tommy Dorsey über Nat „King“ Cole, Benny Goodman, Ella Fitzgerald, Louis Armstrong, Bing Crosby, den legendären Kollegen des „Rat Pack“ mit Dean Martin, Sammy Davis jr. spannt sich der Bogen.
Obwohl Sinatras Stern in den 1950er und dann in den 1960er zu sinken scheint – Elvis Presley und die Beatles laufen ihm den Rang als Sänger ab – findet er seinen eigenen Stil und wird „The Voice“ und Entertainer. Während die Pop-Ikonen bunt schillernd in Glitzerkostümen auftreten, hält Frank am Smoking fest.
In den 1975er füllt er bei seinen Konzerten ganze Fußballstadien.
Johannes Kunz gibt auch dem Filmschaffen Sinatras großen Raum.
1945 erhält sein Kurzfilm „The House I Live In“, in dem er die Rassentrennung in den USA anprangert, einen Oscar. Überhaupt spielen Jahre, die mit „5“ enden, eine große Rolle in Sinatras Leben.
Für den Film „Verdammt in alle Ewigkeit“ mit Burt Lancaster und Montgomery Clift erhält er den begehrten Oscar für den besten männlichen Nebendarsteller.
Ein großer Erfolg ist auch „High Society“ (Die oberen Zehntausend). Dieser ist den Melodien von Cole Porter, der Interpretation und der Mitwirkung von Louis Armstrong sowie dem komödiantisches Talent von Sinatra und Bing Crosby sowie der Ausstrahlung von Grace Kelly in ihrem letzten Film geschuldet. Mit Grace Kelly, die nach ihrer Hochzeit mit Fürst Rainier als Gracia Patricia Monacos Landesmutter wird, verbindet Sinatra eine lebenslange Freundschaft. Sie ist es auch, die aus dem kahlen Felsen an der Cote d’Azur das mondäne Monte Carlo macht.
Er spielt in zahlreichen Filmen mit und versucht sich als Regisseur, was nicht so recht von Erfolg gekrönt ist.
Wie seine Mutter Natalina „Dolly“ engagiert er sich schon früh politisch. Er unterstützt Martin Luther King, die Demokraten und, als ihn die Kennedys mehr oder weniger fallen lassen, später (ab 1970) die Republikaner.
Eine weitere unbeachtete Facette des Menschen Sinatras ist seine Wohltätigkeit. Ohne es an die große Glocke zu hängen unterstützt er Kollegen, die in Not geraten sind. Um nur einen zu nennen: Als Sammy Davis jr. nach seinem Autounfall ein Auge verliert, ist Frank Sinatra zu Stelle und lässt ihm bestmögliche medizinische Versorgung angedeihen.
1995 steht Frank Sinatra anlässlich einer Gala zu seinem 80. Geburtstag das letzte Mal auf einer Bühne.
Was bleibt von Frank Sinatra?
Er hat in seinem langen Bühnenleben mehr als 13.000 Lieder eingespielt. Wochenlang standen seine Song auf den diversen Nummer-eins-Listen, zahlreiche nachfolgende Künstler spielten (und spielen) seine Lieder – von Bob Dylan bis Lady Gaga in ihrem Duett mit Tony Bennett.
Kein Lied passt jedoch besser zu Frank Sinatra als „My Way“, das von Paul Anka stammt und mit dem ab den 1970ern jedes Konzert schließt.
Mit den Worten von „My Way“ beendet auch Johannes Kunz seine Biographie von „Blue Ol‘ Eye“.
Ja, Sinatra wird „Verehrt in alle Ewigkeit“.