Cover des Buches Alle, alle will ich - Arthur Schnitzler und seine süßen Wiener Mädel (ISBN: 9783222135057)
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Rezension zu Alle, alle will ich - Arthur Schnitzler und seine süßen Wiener Mädel von Johannes Sachslehner

Die „andere Seite“ Arthur Schnitzlers

von M.Lehmann-Pape vor 8 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 8 Jahren
Die „andere Seite“ Arthur Schnitzlers

Gestörter Narzisst, Verführer, Ausnutzer, Egozentriker, kalter Herzensbrecher.

Das sind Strichworte und Eindrücke, die nach dieser Lektüre vom „privaten“ Arthur Schnitzler verbleiben. Wobei „privat“ nicht unbedingt „abgetrennt“ heisst, denn viele der Spuren und Haltungen des „Frauenverbrauchers“ Schnitzler lassen sich durchaus, wie Sachslehner fundiert aufzeigt, auch in der literarischen Tätigkeit Schnitzlers wieder entdecken.

Einer, der mit „krankhafter Eifersucht“ zudem geschlagen war, der, auch als reines Machtmittel im Übrigen, vor allem auf seine „Vorgänger „bei dem jeweiligen „Mädel“ diese Eifersucht austobte und mit heftigen Szenen weder gegen sich selbst ankam, noch den gerade aktuellen Gespielinnen eine Chance zum atmen ließ.

Akribisch geplant, akribisch im Tagebuch festgehalten, der billige Stolz des Verführers, der kühl fallen lies, sobald in ihm sich kein rechtes sexuelles Entspannen in, natürlich nur für ihn, bester Weise einstellte. Der sich oft und oft aus Beziehungen, romantisch feurigen „Lieben“, die er vorgaukelte, wie ein Dieb in der Nacht davon stahl. Einen menschlichen Trümmerhaufen hinter sich lassend.

Vielfach aus privaten Notizen Schnitzlers herausgelesen und in den biographischen Portraits der „Mädel“ und der „Lieben“ herausgearbeitet, legt Sachslehner das Bild eines durchaus widerlichen Umgangs und eines absolut nur auf sich bezogenen Mannes vor, dem die „Eroberung“, das „Besitzen“ über alles ging, der dabei aber innerlich keine Verpflichtung spürte, sondern ging, wenn es ihm einengend oder langweilig erschein. Und oft genug am gleichen Tag zu eben einer anderen seiner „Mädels“ sich hin verflüchtigte.

Hier wird kein „Bonvivant“ oder ein „Charmeur“ augenzwinkernd vorgestellt, sondern nicht anderes als ein kranker Mann und ein Soziopath im Blick auf die Liebe und die Frauen. Wobei auch „Frauen“§ es nicht wirklich trifft, denn erwachsene, gestandene Frauen, die kamen Schnitzler kaum unter. Nein, seinem abfälligen Denken entsprechend, dass sich überall in seiner erniedrigenden Sprache verriet, ging es um „Mädels“, „Weiber“, getreu seinen ersten Erfahrungen eigentlich um „käufliche Frauen“, die nun nicht Geld als Gegenwert erhielten, sondern die Gnade seiner persönlichen Gegenwart und sexuellen Vielfältigkeit.

„Mädels“, die privat von ihm bewertet, in Form fast einer „Leistungstabelle“ festgehalten wurde. So sehr, dass es im Lauf der Lektüre wirkt, als wäre die Schriftstellerei Schnitzlers nur „Nebenbetrieb“ gewesen inmitten der eigentlichen einzigen „Hauptsache“ seines Lebens, der Erotik.

„Mein Blut tanzt Cancan“.
„Am liebsten wäre mir ein Harem“
„Es ist wahr, ich habe ein lebhaftes Bedürfnis, jedes Mädel, in unserem gesellschaftlich, moralischen Sinn tief zu verderben“.

Zwar wird der Reigen der „Mädels“ stark strapaziert du auf Dauer ein wenig eintönig, aber fundiert und akribisch liest sich aus diesem Werk das „Eigentliche“ Schnitzlers dennoch präzise und treffend heraus.
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