Rezension zu "Die schwimmende Oper" von John Barth
Der ganz normale Wahnsinn ...
Todd Andrews wacht eines Morgens auf, mit dem festen Entschluss, sich an diesem Tag das Leben zu nehmen. Er ist jung, klug und gutaussehend, als Anwalt erfolgreich, hat gute Freunde und seit Jahren eine Beziehung zu Jane ... wie konnte es also zu diesem Entschluss gekommen sein? John Barth lässt in seinem Debüt-Roman von 1957 mit vielen Rückblenden eine Lebensgeschichte entstehen, die dem Leser nach und nach die Gründe offenbart.
Das Buch liest sich leicht und flüssig, besticht durch viel Witz, ohne an Niveau zu verlieren. Der Ich-Erzähler Andrews bindet den Leser in seine Gedanken ein, erklärt sie ihm in direkter Anrede, so dass das schöne Gefühl entsteht, DIE SCHWIMMENDE OPER sei ein persönlicher, langer Brief.
Obwohl der Roman bereits über fünfzig Jahre auf dem Buckel hat, haftet ihm nicht dieser typische Retro-Mief an. Der moderne Ton, die Tatsache, dass in der Geschichte mehr auf die Taten und Gedanken der Protagonisten eingegangen wird, statt auf den Lifestyle der Zeit, in der sie spielt, und nicht zuletzt die sehr gute Übersetzung von Matthias Müller, machen DIE SCHWIMMENDE OPER zu einem Roman, der es bequem mit jüngeren Werken der Amerikanischen Literatur aufnehmen und auch in vielen Jahrzehnten noch gelesen werden kann. Absolut lesenswert!