Cover des Buches Der Junge im gestreiften Pyjama (ISBN: 9783596852284)
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Rezension zu Der Junge im gestreiften Pyjama von John Boyne

Rezension zu "Der Junge im gestreiften Pyjama" von John Boyne

von Otsuyu-Nana vor 14 Jahren

Rezension

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Otsuyu-Nanavor 14 Jahren
In dem Buch "Der Junge im gestreiften Pyjama" werden Erlebnisse aus dem 2. Weltkrieg von einer ungewöhnlichen Sichtweise geschildert: Aus den Augen des naiven 9-Jährigen Bruno, der ahnungslos von den Grausamkeiten der damaligen Ereignisse direkt neben ein Konzentrationslager zieht, und sich mit einem Jungen aus dem Lager anfreundet. Ich finde, das Buch macht es einem ziemlich schwer, es zu beurteilen. Die kindliche Sprache und Erzählweise vermitteln eine spannende Atmosphäre, und ich habe das Buch an einem Tag verschlungen, es hat mich richtig gefesselt. Gerade die letzten Kapitel habe ich atemlos mit klopfendem Herzen gelesen, und so gehofft, dass nicht das passieren würde, was einem klar war. Aber dennoch überwiegt bei mir letztendlich Unmut und Enttäuschung. Zu viel an dem Buch scheint mir einfach unglaubwürdig. Da wäre zuerst Bruno, dessen Vater einen so hohen Rang im Militär einnimmt, dass sogar der Führer zu einem Abendessen kommt. Und dann soll Bruno nicht einmal wissen, wie man das Wort "Führer" ausspricht, geschweige denn, er scheint nicht einmal zu wissen, das Krieg herrscht, oder das der Vater überhaupt eine Art Soldat ist. Das erscheint mir nicht mehr naiv, sondern schlicht unglaubwürdig. Für ein Kind der damaligen Zeit wird Bruno als zu unwissend, zu naiv dargestellt. Oder soll ich etwa ernstahft glauben, dass es damals jemanden gab, der nicht wusste, das es Juden gibt, und von der ganzen Propanganda völlig unberührt blieb? Und dann gerade ein Junge, der mitten in Berlin wohnt, und dessen Vater einen hochrangigen Militärsposten besetzt? Hmmmm. Und Bruno mag ein wohlbehüteter Junge sein, dem das Leid der Welt fremd ist, aber das er gar nichts, aber auch scheinbar gar nichts von dem Elend seines Freundes Schmuel sieht oder mitkriegt, obwohl er täglich mit ihm redet, erscheint mir an den Haaren herbeigezogen. Als ob ein Kind wirklich so blind gegenüber seiner Umwelt wäre. Oder, um die kreative, feinsinnige Metapher des Autors in Frage zu stellen: Wie lange kann die kindliche Unschuld, die Bruno repräsentiert, unschuldig bleiben? Auch die Unschuld bleibt nicht ewig unschuldig, gerade zu diesen Zeiten, sie kann nciht ewig die Augen (ver)schliessen. Und auch Schmuel gibt mir Rätsel auf. Wie kann er Tag für Tag stundenlang den Augen der Aufsehersoldaten entkommen, um mit Bruno zu reden, ohne das es auffällt? Wieso kommt nie jemand von den Soldaten an dem Platz, an dem sie sich treffen, vorbei? Erzählt er Bruno nie von den Zuständen des Lagers? Und was mich am meisten irritierte: Bruno erzählt ihm von dem Loch im Zaun, durch das man fliehen könnte. Wieso also flieht Schmuel nicht? Wieso erfährt niemand anders von dieser gravierenden Sicherheitslücke? Letztendlich lässt das Buch mich leider nur mit einem Gefühl der Unzufriedenheit zurück, dass meine Erwartungen enttäuscht wurden. Man hätte mehr daraus machen können, und es gibt viele Bücher, die ich eher zu diesem Thema empfehlen kann, wie zB "Der gelbe Vogel". Abschliessend kann ich mir den nicht-objektiven Kommentar nicht verkneifen, dass ich jetzt schon alle Schüler bemitleide, die dieses Buch im Unterricht bearbeiten und analysieren werden müssen.
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