Rezension
Stefan83vor 13 Jahren
John Burdetts "Der Jadereiter" ist wohl eins dieser Bücher, das man getrost als Geheimtipp bezeichnen kann. Obwohl er bei seiner Veröffentlichung in Deutschland nur wenig Beachtung gefunden hat, gehört er für mich definitiv zu den innovativsten Thrillern der letzten Jahre. Die südostasiatische Metropole Bangkok ist nicht nur Schauplatz der Handlung dieses Buches, sondern entwickelt sich im weiteren Verlauf geradezu zu einer eigenen Figur, wird trotz der Tatsache, dass Burdett in seinen Beschreibungen nichts schönt, eine Stadt skizziert in der Raub, Mord, Drogen -und Sklavenhandel und Korruption zum Alltagsleben gehören, zum Sehnsuchtsort des Lesers. Inmitten dieses Schmelztiegels des Verbrechens, in dem auch die westliche Verderbtheit ständig überall zu Tage tritt, wird der buddhistische Polizist Sonchai gemeinsam mit seinem Partner auf die Verfolgung des US-Marines Bradley angesetzt. Im Verlauf dieser Observation finden sowohl Bradley als auch Sonchais Partner Pinchai durch rauschgiftsüchtige Schlangen das Leben. Einziger Hinweis auf den Täter ist eine bildhübsche Frau, welche am Tatort gesehen worden ist. Sonchai schwört Rache und stürzt sich, unterstützt von der FBI-Agentin Kimberley Jones, in die Ermittlungen, wobei ihm von allen Seiten, sogar vom Polizeichef höchstselbst Steine in den Weg gelegt werden. Burdetts Schreibstil ist erfrischend direkt, die Sprache teilweise knallhart und schonungslos, wenngleich auch der Story ein gewisser Witz nicht abgeht. Werden einige bemängeln, dass sich der Autor zu oft im Esoterischen verliert, wenn Sonchai von buddhistischem Karma redet, Vorahnungen folgt und Hinweisen von Geistern nachgeht, macht es gerade für mich die Faszination an diesem Buch aus. Burdett wirft einen Blick in die Seele des Menschen, verschweigt nichts, legt den Finger direkt in die Wunde und bringt somit einen Plot auf Papier, der sich deutlich von der oftmals einfallslosen Konkurrenz unterscheidet. Dabei ist "Der Jadereiter" zwar kein packender, blutrünstiger Thriller, dafür gerät der Spannungsaufbau zu langsam, aber eine echte Milieustudie mit extrem viel Tiefgang, die einen von Seite eins an in den Bann zieht. Insgesamt ein recht anspruchsvoller, unterhaltsamer Kriminalroman, der sich wohltuend vom 0815-Schema der üblichen Krimileichtkost abhebt und der Lust nach viel mehr macht.