Cover des Buches 1933 war ein schlimmes Jahr (ISBN: 9783351050313)
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Rezension zu 1933 war ein schlimmes Jahr von John Fante

Schöne Wiederentdeckung...

von parden vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Eine schöne Wiederentdeckung...

Rezension

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pardenvor 8 Jahren
SCHÖNE WIEDERENTDECKUNG...

Gefangen in einer Kleinstadt am Fuß der Rocky Mountains in den dreißiger Jahren, wünscht sich der 17-jährige Dominic Molise nichts mehr, als ein Baseball-Star zu werden. Die großen Siege, die große Anerkennung, die große Liebe. Aber er kämpft stattdessen mit der italienischen Herkunft seiner Eltern und dem Druck, im Familienbetrieb mitzuarbeiten. Ziegelsteine zu stapeln ist nichts für ihn. Sein Vater hingegen versucht ihn vor dem unausweichlichen Scheitern zu bewahren und zu überzeugen, statt des Baseballschlägers doch lieber eine Maurerkelle in die Hand zu nehmen. Seine Mutter weiß sich nicht besser zu helfen, als zu beten. Aber Dominic hört nicht auf zu träumen.

Der Amerikaner John Fante, (1909-1983), entstammte einer Familie von italienischen Einwanderern – und vor diesem biografischen Hintergrund spielen auch die meisten seiner Romane. Fante veröffentlichte 1938 seinen ersten Roman, später schrieb er Drehbücher für Hollywood, was ihm zumindest einigen Wohlstand bescherte. Erst nach Fantes Tod wurden dann auch nachgelassene literarische Texte entdeckt und veröffentlicht – und einer dieser Romane, "1933 war ein schlimmes Jahr", ist nun in der Übersetzung des Schriftstellers Alex Capus gerade auf Deutsch erschienen.

Dieser Roman führt uns, wie der Titel schon verrät, ins Jahr 1933: Amerika leidet unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise, worunter auch die Bewohner der Kleinstadt Roper - in Colorado am Fuße der Rocky Mountains - sehr leiden. Dominic Molise ist mit seinen siebzehn Jahren für sein Alter zu klein, hat schiefe Zähne und Beine, und kann sich das selbst gegenüber sehr lakonisch eingestehen. Ein Körperteil allerdings hat dieser junge Mann, in das er alle seine Hoffnungen setzt: sein linker Arm, DER ARM, wie er ihn nennt, mit dem er nämlich auf meisterhafte Art und Weise den Baseball zu schleudern vermag.

Der Junge aus ärmlichen Verhältnissen träumt vom großen Aufstieg. Als linkshändiger Pitcher will er versuchen, ein Baseball-Star zu werden. Doch dafür muss er Roper und seine italienische Familie verlassen und bei den großen Mannschaften an der Küste vorspielen. Doch sein Vater, manchmal Maurer, manchmal arbeitslos, hat andere Pläne für seinen Sohn. Der soll bodenständig bleiben und sein Schicksal annehmen, das nach Meinung des Vaters darin besteht, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt.

Dabei sind die gesamten Umstände so, dass man Dominic nur wünschen kann, dass er den Absprung schafft. Die Familie lebt in überaus ärmlichen Verhältnissen. Trotz seiner momentanen Arbeitslosigkeit versucht der Vater irgendwie, seine Familie zu ernähren und mit Billardspielen Geld zu gewinnen. Dies gelingt mal mehr, mal weniger - und überdies kommt der Vater kaum noch nach Hause. Die Mutter sieht sich als Opfer der Umstände, immer schon hat der Vater sie belogen, und sie spielt ihre Rolle als sich aufopfernde Mutter, wenn sie nicht wieder ins Gebet vertieft ist und um Linderung der miserablen Umstände bittet. Doch gleichzeitig ist sie dem Vater nicht böse:


"Ich mache deinem Vater längst keine Vorwürfe mehr, ich bin selbst an allem schuld. Wenn du die Lügen eines Mannes hinnimmst, machst du dich mitschuldig. Dann bist du ein Lügner wie er."



Die Großmutter, die mit in der Familie lebt, hat nie verwunden, dass ihr Mann sie seinerzeit gezwungen hat, die Abruzzen in Italien zu verlassen und in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu ziehen. Sie ist verbittert, hasst alles und jeden und macht den Familienmitgliedern das Leben schwer. Üble Beschimpfungen sind an der Tagesordnung, und sie ist die einzige, die ein Zimmerchen für sich hat. Doch trotz dieser widrigen Umstände, versucht Dominic, seine Träume nicht zu verlieren.

Er besucht mit seinen fast 18 Jahren die von Nonnen geleitete High School und macht selbst nachts noch seine Hausaufgaben. Er trainiert hart seine Fähigkeiten als Baseballspieler und malt sich immer wieder Szenen seines Ruhmes aus. Sein bester Freund Ken träumt denselben Traum, und trotz ihrer unterschiedlichen Welten - Ken kommt aus einem überaus reichen Elternhaus - scheint ihre Freundschaft nichts trüben zu können.

Doch nach und nach sickert die Realität in die langgehegten Träume. Trotz des lakonischen, oft zynischen Stils hält die Pubertät Dominic und seinen Freund fest im Griff, und Dominic muss versuchen, den Spagat zwischen seinen Träumen und der Familie, die ihm ebenfalls viel bedeutet, zu beherrschen. Er muss herausfinden, ob seine Träume den harten Tatsachen des Lebens standhalten können, oder ob das Leben ihn nicht doch in eine ganz andere Richtung dirigiert. Ironie und Sarkasmus sind die Mittel, die oft eher traurigen Verhältnisse zu meistern.

Wer das Nachwort des Übersetzers Alex Capus liest, erfährt eine Überraschung. Dass ein Protagonist einiges vom Autor innehat, ist ja immer wieder mal zu vermuten. Aber diese Anzahl an Übereinstimmungen lässt ja nur den Schluss zu, dass in einer autobiographischen Darstellung lediglich der Name geändert wurde. Den zerrissenen Charakter nimmt man John Fante jedenfalls ab.


"In allen acht Romanen, die John Fante in einer Zeitspanne von fünfzig Jahren geschrieben hat, ist der Held unverkennbar (...) immer derselbe großspurige, großherzige Gernegroß, der seinen Mitmenschen doch mit tiefem Verständnis, großer Zärtlichkeit und intuitiver Weisheit begegnet."


Insgesamt war die Erzählung angenehm zu lesen, der Schreibstil flüssig und bildhaft, voller Metaphern, die oftmals recht ungewöhnlich sind - und trotz der fehlenden Absätze und der vielen Baseball-Anspielungen, mit denen ich persönlich nichts anfangen konnte, habe ich die Lektüre genossen.

Ein bewegender und komischer Roman über die Jugend und ihre Auflösung im Erwachsenenleben. Und eine schöne Wiederentdeckung, nachdem John Fante als Schriftsteller in Vergessenheit geraten und dieser Roman in einer Schublade verschwunden war und erst nach Fantes Tod wiederentdeckt wurde.


© Parden
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