Cover des Buches Aristoteles in Oxford (ISBN: 9783608948547)
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Rezension zu Aristoteles in Oxford von John Freely

Mittelalterliche Wissenschaftsgeschichte

von M.Lehmann-Pape vor 9 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 9 Jahren
Mittelalterliche Wissenschaftsgeschichte

Hatte vor kurzem erst John Classie an Athansius Kircher, den „letzten Mann, der alles wusste“ erinnert und damit den Blick auf zumindest einen Teil der Wissenschaftsgeschichte des späten Mittelalters gelenkt (im Nachgehen der Biographie Kirchers), vollzieht Classie vielfache Bezüge zum „Stand der Dinge“ jener Zeit, bietet John Freely nun einen gesammelten Blick auf jenes Zeitalter des „Mittelalters“ und seine Fragenden, Forschenden, wissenschaftlichen Leistungen.

Und es wird sich herausstellen, dass entgegen mancher Vorurteile, das Mittelalter im Gesamten keine „dunkle und düstere Zeit des Aberglaubens“ war, sondern bahnbrechende Erkenntnisse und hoch einzuschätzende, individuelle Leistungen eine breite und tragfähige Brücke von den Forschern und Denkern der Antike hin zum Beginn der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Neuzeit schlagen.

Weder Galilei noch Kopernikus noch Newton sind die „einsamen“ Gestalten, mit denen alles Begann, sondern vielfach sind die wissenschaftlichen Leistungen, denen Freely nachspürt und die er flüssig und leicht lesbar darzustellen versteht.

„Tatsächlich hat eine Vielzahl von europäischen Gelehrten der wissenschaftlichen Revolution den Weg geebnet, als sie mit ihren Forschungen die Grundlagen für deren bahnbrechende Theorien und Entdeckungen gelegt, ja einige von sogar vorweggenommen haben“.

Wie Bradwardine, Heytesbury, Dumbleton und Sineshead in Oxford sich Mitte des 14. Jh. der „Wissenschaft der Bewegung“ zuwandten, begriffliche Grundlagen und ein „Vokabular für die neue Wissenschaft schufen und damit die bis dato geführte eher philosophische Diskussion in mathematische und quantitative Richtungen beförderten, ist dabei genauso interessant zu lesen (und bietet viel bisher nicht allzu breit Bekanntes, wie Freely die Vorläufer des Kopernikus (und dann auch die kopernikanische Wende) im Rahmen der Astronomie ausführlich beschreibt.

Dabei galt, gerade für das Mittelalter, zunächst: „Die Natur selbst war das erste Physiklabor“ und der „Regenbogen“ als spektakuläres Schauspiel „fordert eine Erklärung geradezu heraus“.

Eine solche Erklärung versuchte schon Aristoteles in grauer Vorzeit zu bieten, bevor im 13. Und 14. Jh. Intensive Forschungen stattfanden, die Newtons Theorie zu Beginn des 18. Jh. Vorbereiteten. Hier verweist Freely auch mit Nebenaspekten in der Literatur darauf, wie sehr Newton auf den Schultern des Robert Grosseteste und anderer dabei festen Stand fand.

So erzeugt Freely Seite für Seite mehr „Licht im finsteren Mittelalter“ und verfolgt die Spuren des arabischen Erbes, der Christianisierung des Aristoteles in der Philosophie und Theologie, der Entwicklung der „experimentellen Methode“, schildert die „neue Astronomie“ und den darauf folgenden „Widerstreit der Weltsysteme“.

Mit kurzen biographischen Erwähnungen hier und da versehen stellt er damit viele intensiv forschende Personen vor die Augen des Lesers und kommt zu dem Schluß, dass alle neue und moderne Wissenschaft „auf den Schultern von Riesen“ steht.

Eine interessante, kenntnisreiche und informative Kultur- und Wissenschaftsgeschichte, die das Lesen lohnt.
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