Cover des Buches Margos Spuren (ISBN: 9783423086448)
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Rezension zu Margos Spuren von John Green

Umherirren auf Margos Spuren

von Sylverstar vor 9 Jahren

Rezension

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Sylverstarvor 9 Jahren
Inhalt:
Bereits als kleiner Junge war Quentin in seine gleichaltrige, schöne und wilde Nachbarin Margo verliebt. Obwohl sie viel Zeit miteinander verbrachten, war sie bereits damals ein Rätsel für ihn. In einem Moment mutig, entschlossen und abenteuerlustig – kurz darauf unnahbar und zurückgezogen. Daran hat sich auch neun Jahre später, kurz vor dem Highschool-Abschluss nichts geändert. Der schüchterne Quentin beobachtet das umschwärmte, von Gerüchten umrankte Mädchen aus der Ferne und wünscht sich dabei nichts sehnlicher, als Teil ihres Lebens zu sein und mit ihr auf den Abschlussball zu gehen. Denn längst haben sich die Wege der einstigen Spielgefährten getrennt und aus den Freunden sind Fremde geworden.

Eines Nachts steht Margo jedoch vor Quentins Fenster und bittet ihn darum, ihr bei der Umsetzung eines abenteuerlichen Plans zu helfen. Er überwindet seine Bedenken und Ängste und folgt ihr in die Dunkelheit.

Nach den gemeinsamen Erlebnissen hat Quentin die Hoffnung, in Zukunft wieder Zeit mit Margo verbringen zu können, doch bereits am nächsten Tag ist sie verschwunden und er muss sich fragen, ob er sie je wirklich gekannt hat. Um sie wiederzufinden, entschlüsselt und folgt Quentin kleinen Wegweisern, die Margo scheinbar nur für ihn hinterlassen hat und schon bald befindet er sich mit seinen Freunden auf einem Roadtrip um ihren Spuren zu folgen.

!!! Warnung!!! Rezension enthält Spoiler !!!Warnung!!!

Meinung:
Nachdem mich „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ richtig begeistern konnte und die Verfilmung von „Margos Spuren“ in ein paar Tagen in den deutschen Kinos anläuft, wollte ich das Buch unbedingt vorher gelesen haben. John Green erzählt in seinem Jugendroman die Geschichte von Quentin und seiner Suche nach Margo.

Der gewohnt flüssige Schreibstil des Autors hat mich sofort in die Handlung des Buches eintauchen lassen. Die angenehme Schreibweise, die vor allem auch seine jungen Leser abholen dürfte, ist für mich dann auch die eigentliche Stärke des Romans. Die Geschichte an sich, konnte dieses Mal leider keine großen Begeisterungsstürme bei mir hervorrufen, was vor allem an der Figur Margo liegt.

Im ersten Abschnitt des Buches steht Margo eines Nachts plötzlich vor Quentins Zimmerfenster und bittet ihn, ihr bei der Umsetzung eines Rachefeldzuges gegen ihre Freunde, von denen sie kurz zuvor verraten worden ist, behilflich zu sein. Nachdem sie lange Jahren keinen engeren Kontakt mehr zueinander hatten und er sie lange nur aus der Ferne bewundern konnte, freut sich Quentin darüber, zumindest für kurze Zeit, ein Teil des Margo-Universums zu sein. Bis sie am nächsten Tag, nach den aufregenden Erlebnissen, einfach ohne ein Wort verschwindet.

Und genau hier beginnt mein Problem mit Margo.
Während Quentin, aus dessen Sicht wir die Geschichte erzählt bekommen, durch seine Gedanken, Gefühle und Handlungen für mich als Leserin recht sympathisch und lebendig wurde, blieb Margo, durch fehlende Schärfe, für mich blass, farblos und eindimensional. Als Leser erfährt man, auch in den Szenen in denen sie vorkommt, einfach zu wenig über ihren Hintergrund, sodass sie mir stellenweise wie ein nicht greifbares Phantom vorkam. Auf der Rückseite des Buches heißt es, dass Margo vielleicht so sehr Rätsel liebte, dass sie selbst zu einem wurde. Und rätselhaft war, u.a. an ihrem Verhalten und ihren Beweggründen, für mich so einiges in diesem Roman.

Bis zum Schluss war für mich einigermaßen unverständlich, warum genau Quentin eigentlich in Margo verliebt ist. Sie wird zwar als sehr hübsch beschrieben und einige ihrer Erlebnisse als legendär geschildert, doch sonderlich sympathisch wirkte sie zu keiner Zeit auf mich. Während Quentin und seine beiden besten Freunde eher zu den Außenseitern an der Schule zählen, gehört Margo zu dem auserlesenen Kreis der beliebtesten Schüler an der Highschool und sonnt sich scheinbar in der Bewunderung anderer. Jahrelang hat sie mit ihrem einstigen Spielkameraden kein Wort mehr gewechselt und ihm eher die kalte Schulter gezeigt, weshalb mir ihre Schönheit allein als Begründung für Quentins hartnäckige Schwärmerei nicht ausgereicht hat. Weder das Gefühl einer tiefen Freundschaft und Verbundenheit noch das der großen Liebe, wollte beim Lesen zu mir überspringen.

Warum genau Margo (und das zum wiederholten Mal!) ohne ein Wort verschwindet, wird für mich auch nicht plausibel genug erklärt. John Green lässt seine Leser lediglich kurz wissen, dass sie ihre Eltern und ihren Freundeskreis nicht mag und ihr der Heimatort wie eine künstliche Plastikstadt vorkommt, in der lauter künstliche Plastikmenschen herumlaufen. Warum oder welche Schwierigkeiten sie mit ihren Eltern hat, wird bspw. kein einziges Mal richtig erwähnt.

Zwar erfährt der Lesende über Margo, dass sie das Leben in der „Plastikstadt“ als unecht, spießig und einengend empfindet, weiß jedoch zu keiner Zeit, wie sie sich ihr Leben in Zukunft eigentlich genau vorstellt. Was wünscht sie sich? Wovon träumt sie? Was möchte sie erreichen oder mit ihrem Leben anfangen? Möchte sie wirklich, nachdem sie die Schule ohne Abschluss verlassen hat, zunächst obdachlos und mit wenig Perspektive durch die Welt wandern? Alles Fragen, die durch die Entscheidungen und Handlungen von Margo aufgeworfen werden, auf die der Autor aber überhaupt nicht eingeht. Und so bleibt sie als Person ein einziges ungelöstes Rätsel, vielleicht auch für ihren eigenen Schöpfer selbst.

Dadurch, dass man so gut wie nichts von ihrem Innenleben erfährt, wirkte Margo auf mich oberflächlich, gedankenlos im Umgang mit ihren Mitmenschen sowie einfach nur extrem verantwortungslos und unreif. Jetzt mag der ein oder andere vielleicht argumentieren, dass es sich bei ihr um einen Teenager handelt, der sich noch mitten in der Pubertät und der Persönlichkeitsentwicklung befindet, aber genau hier ist für mich das Stichwort „Entwicklung“. Und die konnte ich bei ihr bis zum Schluss nicht erkennen.

Obwohl Quentin all ihre wirren und abstrusen Hinweise entschlüsselt hat, sie ihm so wichtig ist, dass er buchstäblich alles stehen und liegen lässt, ihr tausende Kilometer durch das Land folgt und obwohl sie selbst zugibt ihn als Menschen unterschätzt zu haben, lässt Margo ihn, natürlich nachdem sie ihn geküsst hat, einfach so stehen.

Anstatt dass der Autor sie sich weiterentwickeln oder zu der Erkenntnis gelangen lässt, dass man vor sich selbst, vor seinen eigenen Gedanken und Gefühlen nicht weglaufen und eine wirkliche Veränderung seines Lebens nur erreichen kann, wenn man dazu bereit ist sich selbst zu ändern und an sich zu arbeiten, lässt er sich Margo einfach weiter im Kreis drehen. Sie ist weiterhin unzufrieden mit ihrem Leben und läuft erneut weg. Anstatt bei sich selbst zu beginnen, möchte sie durch ihre veranstaltete Schnitzeljagd lieber Quentin verändern, ihn in ein Abenteuer schicken und seinen Mut wecken. Dass dieser unter ihrem Verschwinden leidet, sich um ihr Wohlergehen sorgt und (warum auch immer) Angst hat, sie könnte sich etwas angetan haben, scheint sie dabei einfach rücksichtslos in Kauf zu nehmen. Überhaupt scheinen ihr die Gefühle anderer (bspw. ihrer Eltern, Schwester oder Freunde) ziemlich gleichgültig zu sein.

Falls in diesem Buch eine Botschaft für junge Leser vorhanden sein sollte, so hat sich mir diese jedenfalls nicht erschlossen. Bitte nicht falsch verstehen, es geht mir hier weder um eine Anleitung für die Bewältigung von schwierigen Lebenssituationen noch um einen erhobenen Zeigefinger, den ich vom Autoren weder erwartet habe noch lesen möchte. Ich hätte es jedoch erfrischend gefunden, wenn John Green seiner Protagonistin am Ende noch einen anderen Weg im Umgang mit ihren Problemen aufgezeigt hätte als den, immer nur wegzulaufen.

Den meisten Lesern dürften Margos Gefühle und Probleme in irgendeiner Weise bekannt vorkommen oder vertraut sein. Wer hat sich selbst noch nie unverstanden oder einsam gefühlt? Wer war von seinen Freunden noch nie enttäuscht oder sehnt sich nicht nach einem Seelenverwandten, mit dem mehr als oberflächliche Gespräche möglich sind? Ein jeder von uns wünscht sich doch hin und wieder dem (Schul-)Alltag zu entfliehen und stattdessen lieber ein Abenteuer zu erleben. Entscheidend ist für mich, wie man mit diesen Problemen und Gefühlen umgeht.

Vielleicht muss Margo einfach noch ein bisschen weiter und länger weglaufen, bis auch sie hoffentlich irgendwann begreift, dass ihr Leben solange oberflächlich und einsam bleiben wird, bis sie sich selbst ändert und aufhört die Menschen vor den Kopf zu stoßen, denen sie wirklich am Herzen liegt.

Fazit: Dass John Green bessere Geschichten, mit toll ausgestalteten Protagonisten erzählen kann, hat er mit „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ bereits bewiesen. Aufgrund des flüssigen und für einen Jugendroman ansprechenden Schreibstils bekommt „Margos Spuren“ gerade noch so 3 Sterne von mir.
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