Rezension zu "Große Kulturen" von John Haywood
Von den Sumerern bis zu den Inkas
„Die Entstehung der sogenannten Hochkulturen (war) ein einschneidendes Ereignis, eine dramatische Veränderung in Umfang und Art der menschlichen Entwicklung“.
So führt John Haywood ein in seine Betrachtung von 10 besonders hochentwickelten und einflussreichen alten Kulturen. Ein einschneidendes Ereignis vor allem in Bezug auf die Geschwindigkeit technischen und kulturellen Fortschritts. Denn mit dem Auftreten der ersten Hochkulturen in Ägypten und Mesepotamien nahm das Veränderungstempo grundlegend und bis heute Fahrt auf. Vieles von dem, was aus den alten Kulturen in Zeit und Raum nicht verloren ging, bildete immer wieder die Grundlage für nachfolgende Kulturen und somit, mit Fug und Recht betont, auch die Grundlage unserer modernen Zivilisation.
Sumer, das alte Ägypten, das alte Indien, Mykene, das alte China, das Perserreich, das antike Griechenland, Rom, die Maya und die Inka sind die Themen, denen sich Haywood weltumspannend und chronologisch geordnet zuwendet. Technische Errungenschaften, Philosophie, kulturelle Entwicklungen, Mathematik, Physik, Mechanik, jede der Kulturen hat, in Teilen auch ganz unabhängig voneinander (Rom und die Inka hatten keinerlei Berührungspunkte, ebenso, wie die Maya eher wenig vom untergegangenen Perserreich wussten) grundlegende Erkenntnisse in vielfachen Ausprägungen entwickelt und damit die Neugier und den Forschergeist einzelner Teile der jeweiligen Kulturen in ein System des Fortschritts und der andauernden Erkenntnis integriert.
Für jede der 10 vorgestellten Kulturen nimmt sich Haywood dabei in seiner Darstellung in Text und Bild Zeit. Landkarten, Bilder zentraler Orte des Kultes und des Ritus, technische Errungenschaften, geschichtliche Fakten, eine geographische und historische Einordnung finden sich hierbei ebenso zu den einzelnen Hochkulturen, wie ein Blick in die „Innenwelt“ der entsprechenden Zeit. Über die Bürokratie, Verwaltung der Reiche, politische Grundhaltungen, der oft primäre Status der jeweiligen Religionen bis hin zum Verlieren der innewohnenden Kraft und dem Niedergang der Kulturen, in Teilen auch des gewaltsamen Endes, reichen die Schilderungen im Buch.
Dass die Sumerer die Schrift erfunden haben, um ihr komplexes Wirtschaftssystem zu organisieren, spricht alleine ja bereits Bände über den tatsächlichen Antrieb des Menschen zu Neuerungen. Nicht nur an diesem Punkt, auch an anderen Erkenntnissen des Buches werden Querverbindungen zwischen technischem Fortschritt, wirtschaftlicher Organisation und kultureller Entwicklung deutlich benannt und nachvollziehbar erläutert.
So ergibt sich ein farbenfrohes und breites Bild, dass nicht nur vergangene Historie in den Raum stellt, sondern auch generelle Aussagen zur treibenden Kraft der Zivilisation enthält. Ebenso werden bei der Lektüre Fehlentscheidungen und gravierende Fehlentwicklungen verdeutlicht, aus denen auch für die moderne Zeit Gesetzmäßigkeiten ableitbar sind.
In Text und Bild findet sich kein Lehrbuch im klassischen Sinne vor, aber ein breit illustrierter und sprachlich verständlicher, erläuternder Blick auf das, was man die „Wiege der modernen Zivilisation“ nennen kann. Empfehlenswert.