John Vercher

 3,8 Sterne bei 5 Bewertungen

Lebenslauf

John Vercher lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in der Gegend von Philadelphia. Sein Debütroman „Three-Fifths“ wurde von der Chicago Tribune zu einem der besten Bücher des Jahres 2019 gekürt. In Großbritannien wurde „Three-Fifths“ von The Sunday Times, The Financial Times und The Guardian zum Buch des Jahres gekürt. Er schreibt für Cognoscenti, die Gedanken- und Meinungsseite von WBUR Boston über Abstammung und Identität. Seine Sachbücher sind auch im Entropy Magazine erschienen. Sein zweiter Roman, „After the Lights Go Out“, erscheint im Juni

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von John Vercher

Cover des Buches Wintersturm (ISBN: 9783948392628)

Wintersturm

 (4)
Erschienen am 01.08.2022
Cover des Buches After the Lights Go Out (ISBN: B09VCVTPJT)

After the Lights Go Out

 (1)
Erschienen am 07.06.2022

Neue Rezensionen zu John Vercher

Cover des Buches Wintersturm (ISBN: 9783948392628)
ulrikerabes avatar

Rezension zu "Wintersturm" von John Vercher

Abbild des amerikanischen Rassismus
ulrikerabevor einem Jahr

Pittsburgh 1995, Bobby Saraceno ist 22 Jahre alt, er arbeitet in einem Restaurant im Schichtbetrieb. Seine Mutter Isabel ist Alkoholikerin, die finanzielle Situation regelmäßig prekär. Bobbys Freund Aaron saß einige Zeit wegen eines Drogendelikts im Gefängnis. Gleich an seinem ersten Abend in Freiheit erschlägt Aaron einen jungen Schwarzen, während Bobby Zeuge dieser Tat war. 

Wintersturm ist der Titel des Debütromans von John Vercher. „Three-Fifths“, wie der Originaltitel des Romans lautet, erzielte einige Auszeichnungen. Es ist ein Buch im Zeichen des blacklivesmatter.

Vercher siedelt seine Story im Jahr 1995 an. In diesem Jahr fand der Prozess gegen O.J. Simpson statt und dieses Ereignis wird im Roman auch mehrfach erwähnt. Auch wenn die deutsche Ausgabe unter der Bezeichnung Kriminalroman erscheint, handelt es sich eigentlich viel mehr um eine Milieustudie und ein Abbild des amerikanischen Rassismus.

Bobby, so erfährt man schon im Klappentext, ist ein gemischtrassiger Schwarzer. Doch weiß sein bester Freund Aaaron nichts davon. Aaron hingegen hat vor seiner Haft den Style schwarzer Jugendlicher imitiert. Im Gefängnis wird der junge Mann nach schweren Verletzungen unter den Schutz einer arischen Bruderschaft gestellt und radikalisiert.

Erzählt wird die Geschichte aus drei Blickwinkeln: Bobby, Bobbys Mutter und Robert, dem Arzt, der Aarons Opfer im Spital behandelt. Mit dem Perspektivenwechsel nimmt Vercher immer wieder auch das Tempo nach aufgeladenen gewaltsamen Handlungsteilen.

Schwarz, Weiß, Herkunft und Identität, Schuld und Gewissen sind die Schlagworte für diesen Roman.

„Was bist du eigentlich für eine?“, fragte er sie…… „Ich bin ein Mensch“, sagte sie….

Eine Nebenfigur der Handlung wird zum moralischen Zeigefinger

Der „Three-Fifths Compromise“ - die Drei-Fünftel-Klausel - aus 1787 legte fest, dass jeweils drei von fünf Sklaven bei der Volkszählung mitgezählt werden sollten. Der europäische Leser kann sich diese Information selbst erarbeiten, aber Verchers Anliegen, den Menschen nicht aufgrund der Hautfarbe unterschiedliche Werte beizumessen muss auch ohne dieses „Hintergrundwissen“ gehört werden.

 

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Cover des Buches Wintersturm (ISBN: 9783948392628)
lesehorizonts avatar

Rezension zu "Wintersturm" von John Vercher

Lügen habe kurze Beine
lesehorizontvor einem Jahr

Der Polar Verlag hat John Verchers hoch gelobtes Debut "Wintersturm" nun auch ins deutsche Verlagsprogramm aufgenommen. Ein klassischer Kriminalroman, so viel vorweg, ist es nicht. Im Kern geht es um die Themen Brutalität und Rassismus. Die Geschichte spielt Mitte der 90er Jahre; Schauplatz ist Pittsburgh.

Zu Beginn der Geschichte treffen Bobby und Aaron aufeinander. Sie sind seit ihrer Schulzeit befreundet. Damals schweißte sie ihr Außenseitertum und die Leidenschaft zu Comics zusammen. Der eine (Bobby) ist ein gemischtrassiger Schwarzer, der aber den Part des Schwarz-Seins bezüglich seiner Identität verdrängt hat. Seinen (schwarzen) Vater hält er den Erzählungen seiner Mutter Isabel folgend für tot. Der andere (Aaron) ist ein Weißer, der zu Schulzeiten gerne den Kleidungsstil der schwarzen Mitschüler imitierte, nun aber Schwarze verachtet. Er hat im Gefängnis eingesessen, wo er sich einer Bande angeschlossen und radikalisiert hat. Die Freunde treffen nun seit langer Zeit erstmalig aufeinander. Nach einem Kneipenbesuch kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall: Aaron erschlägt einen schwarzen Jungen mit einem Ziegelstein und Bobby wird zum Mittäter. Fortan fürchtet er Aaron.

Im Laufe der Geschichte erfahren wir v.a. viel aus Bobbys Sicht: Er kellnert, um die Miete für sich und seine alkoholkranke Mutter Isabel aufbringen zu können. Ihm ist wortwörtlich nicht wohl in seiner Haut- erst Recht, seitdem Aaron verändert aus der Haft wieder aufgetaucht ist. Über Aaron selbst erfahren wir deutlich weniger. Wohl aber lesen wir über einen schwarzen Arzt namens Robert, der im Krankenhaus den oben erwähnten schwazen Jungen behandelt. Wir lesen auch im Rückblick über seine gescheiterte Ehe und einen unerfüllten Kinderwunsch. Und natürlich lesen wir über Isabel und ihren Versuch, Bobby durch das Verschweigen der Wahrheit vor einer potentiellen Gefahr durch ihren Vater, Großvater zu schützen. Sie alle lügen sich irgendwie in die Tasche und alle müssen sie am Ende einsehen, dass die Wahrheit siegt...

Soviel zum Inhalt, ohne zu viel zu verraten. "Wintersturm" greift also das Thema auf, ob und wie die Hautfarbe, Einfluss auf das Leben nimmt. So ist es nicht verwunderlich, dass sich passende Bezüge zur US-Lebenswirklichkeit finden, u.a. auf den damals mit großem Interesse verfolgten Simpson-Prozess. Rassismus ist gerade in manchen US-Regionen nach wie vor ein sehr aktuelles Thema. Vercher nimmt im Orginaltitel "Three-Fiths" auf die US-amerikanische Verfassung Bezug, wo ein Mensch schwarzer Hautfarber weniger zählt: Nur drei von fünf Schwarze werden bei der Volkszählung mit berücksichtigt. Ein durchgängiges Motiv ist die Bedeutung der Hautfarbe für das Leben der einzelnen Protagonisten, deren Lügen und Selbstinszenierungen nicht verhindern können, dass die harte und wahre Realität sie einholt. Wie Vercher diesen Faden in die Geschichte einwebt, sachlich und unaufgeregt, hat mir gut gefallen. Allein, das Thema Rassismus wurde in der Literatur bereits meisterhaft aufgearbeitet. Verchers Roman ist von daher nicht sonderlich "originell". Als Leser wundert man sich an manchen Stellen vielleicht etwas, welche Figuren wieviel Aufmerksamkeit erhalten und was letztlich vom Autor als relevant erachtet wird. Dennoch finde ich die Figurenzeichnung insgesamt gut gelungen. Bobbies Zerrissenheit kommt besonders gut heraus. Allerdings hätte ich gerne mehr über Aarons Innenperspektive gelesen. Das Ende - darüber kann man diskutieren. Letztlich ist es so ,wie mitunter das Leben selbst: hart und ungerecht. 

"Wintersturm" ist kein klassischer Krimi, was mich aber überhaupt nicht gestört hat. Es ist eine solide Milieustudie zu einem nach wie vor wichtigen Thema, die meines Erachtens die Lektüre wert ist. 

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Cover des Buches Wintersturm (ISBN: 9783948392628)
wandablues avatar

Rezension zu "Wintersturm" von John Vercher

Rassismus ist Mist.
wandabluevor einem Jahr

In „Wintersturm“ begegnen sich zwei alte Freunde. Bobby, der als Kellner arbeitet, um seine Mutter zu unterstützen und die Miete zusammenzukratzen, begegnet seinem Jugendfreund Aaron. Aaron kam für einige kleinere Drogendeals vor Gericht und wurde zu 3 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Sein erster Gang in Freiheit führt ihn zu Bobby. Das Unheil nimmt seinen Lauf. 

Was sich aus dieser Begegnung entwickelt ist folgerichtig, der Leser kann genau so wenig etwas dagegen tun wie die beiden Jungs selber. Es sind noch junge Kerle, aber jeder ist auf seine Weise gebrochen. Aaron wurde in der Justizvollzugsanstalt durch die anderen Insassen so zugerichtet, dass Bobby ihn nicht wiedererkennt; äußerlich und innerlich ein anderer Mensch. Bobby hat Angst vor ihm. 

Der Roman „Wintersturm“, Originaltitel „Three-Fifth“ hat das Rassismusproblem in den USA im Visier. Das Geschehen ist zurückdatiert auf 1995, der O.J. Simpson Prozess ist in vollem Gange und wird sowohl in der schwarzen wie in der weißen Community erregt diskutiert; der Fall Rodney King macht Schlagzeilen und elektrisiert die Bevölkerung. 

Der Kommentar: 
Bobby und Aaron sind keine ganz typischen Vertreter der beiden Parteien, schwarz und weiß. Der eine, Aaron wollte in seiner Jugend schwarz sein, bzw. wurde von deren Lebensart angezogen und buhlte um deren Anerkennung. Der andere dagegen, Bobby, dem man seine Gemischtrassigkeit nicht ansieht und von der ausser seiner Mutter auch keiner weiß, wollte weiß sein und haderte mit seiner Herkunft. Nach den drei Jahren Freiheitsentzug hat sich alles ins Gegenteil verkehrt, denn Aaron hat sich einer rechtsradikalen Gruppierung angeschlossen und Bobby lernt, zu seiner gemischtrassigen Herkunft zu stehen. 

Dieses Spiel mit den Hautfarben ist reizvoll, es unterstreicht die Absurdität des Konstrukts Rassismus (alles nur in den Köpfen). Die Freundschaft der beiden Jungs hat Sprengkraft. Beide haben ihre Geheimnisse voreinander und aufgrund von in ihren Kreisen und insgesamt in der Gesellschaft der USA festsitzenden, angstmachenden Vorurteilen können sie sich einander nicht anvertrauen. Als sie es dann doch wagen, ist es zu spät. 

Die Sprache des Romans ist sehr klar, aber auch schlicht. Sie passt indes zu der bildungsfernen Herkunft der Protagonisten. Der Autor hält sich jedoch abseits seiner beiden Jungs nicht mit großartigen Charakterisierungen anderer Personen auf, die Frauenfiguren sind fast schon beleidigend simpel, auch die Dialoge des Romans hauen einen nicht vom Hocker, der belehrende Zeigefinger ist erhoben. 

Trotzdem überzeugt besonders die Figur des Aaron. Ein netter, vorurteilsfreier Junge wird im Zuchthaus gebrochen und radikalisiert sich. Das Ende ist kurz und schmerzhaft. Wie im Leben. Frustrierend, aber vollkommen nachvollziehbar.

Fazit: Das klassische Whodunit bekommt man hier nicht. Jedoch eine realistische Darstellung, wohin uns Rassismus bringt. Wohltuend, dass der Autor auf die üblichen Schuldzuweisungen verzichtet, keiner Seite den schwarzen Peter zuschiebt. Jeder ist verantwortlich. Jeder macht etwas falsch. Jede Seite hat Angst. 

Kategorie: Kriminalroman
Verlag: Polar 2022

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