Cover des Buches Star Trek, The Next Generation, Die Kristallwelt (ISBN: 9783453196803)
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Rezension zu Star Trek, The Next Generation, Die Kristallwelt von John Vornholt

Rezension zu "Star Trek, The Next Generation, Die Kristallwelt" von John Vornholt

von Ameise vor 14 Jahren

Rezension

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Ameisevor 14 Jahren
In der Deep Space Nine-Episode "Das Melora-Problem" lernten wir die Elaysianerin Melora Pazlar kennen, die von einem Planeten mit sehr niedriger Schwerkraft stammte und deshalb an Bord der Raumstation auf einen Antigrav-Anzug angewiesen war. Bevor diese Figur Jahre später zur Stammbesetzung der "Titan"-Crew gehören sollte, gab es schon im Roman-Zweiteiler "Kristallwelt" ein Wiedersehen mit Melora. Kurz nach den Ereignissen aus "Star Trek: Der Aufstand" verschlägt es die in der Zwischenzeit zum Lieutenant beförderte Elaysianerin auf die Enterprise-E. Durch einen Traum erfährt sie von einer Bedrohung, die ihren Heimatplaneten zerstören könnte. Captain Picard ist zunächst skeptisch, aber als auch Deanna Troi dieselben Träume erlebt, nimmt die Enterprise Kurs auf die Kristallwelt - so lautet der Name dieses ungewöhnlichen Planeten. Dieser besteht vollständig aus Kristallen und wird von sechs intelligenten Spezies bewohnt. Irgendetwas lässt die Kristalle unkontrolliert wuchern, und die dadurch entstandene Strahlung stellt eine tödliche Bedrohung für die Lebensformen der Kristallwelt dar. Trotzdem wird die Enterprise-Crew nicht gerade mit offenen Armen empfangen, und das ist noch nicht alles: Die mutierten Kristalle sind das Ergebnis einer gezielten Manipulation... Zunächst einmal muss man kritisieren, dass es nicht nötig war, die beiden "Kristallwelt"-Romane als Zweiteiler herauszubringen, da sie zusammen als knapp 500 Seiten starker Einzelroman sicher nicht den Rahmen des Zumutbaren gesprengt hätten. Nein, das Ganze dient wieder mal nur dazu, dem Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen, denn für zwei dünne Romane zahlt man nun mal mehr als für einen dicken. Aber auch wenn man das Preis-Leistungsverhältnis außen vor lässt, macht der Roman einen sehr durchwachsenen Eindruck. Der Autor John Vornholt ist nach dem, was ich bisher von ihm gelesen habe, nicht gerade ein Meister für große Charaktermomente, viele seiner Kollegen haben ein viel besseres Gespür für treffende Figurenbeschreibungen. Dieses Manko konnte er in anderen Romanen wie "Zuflucht", "Masken" und selbst im Kadettenroman "Erobert die Flagge!" durch sein Talent kaschieren, rasante Abenteuergeschichten unterhaltsam zu präsentieren. Hier jedoch lässt Vornholt es vergleichsweise ruhig angehen und konzentriert sich auf die Charaktere. Es hat mich gefreut, dass ein Großteil der Handlung von jemandem getragen wird, der nicht oft im Vordergrund stand: Reginald Barclay. Ich mochte den spleenigen Hypochonder schon immer, einfach weil endlich mal ein Sternenflottenoffizier zu sehen war, der nicht so unglaublich professionell und perfekt wirkte. Hier findet sich Reg plötzlich als ranghohes Mtglied der Kristallwelt wieder, was dem armen Kerl überhaupt nicht behagt. Barclays Charakter ist ganz ordentlich getroffen, und erfreulicherweise kommt er trotz seiner Marotten nicht wie ein Volltrottel daher. Eine weitere zentrale Figur dieses Romans ist Melora Pazlar. Mit ihr tue ich mich ein wenig schwer, da ich die DS9-Folge "Das Melora-Problem" bei der Erstausstrahlung so stinklangweilig fand, dass ich sie mir erst jetzt ein zweites Mal angeschaut habe. Im Roman kommt Pazlar recht unsympatisch rüber, was aber meiner Meinung nach zutreffend ist, immerhin war sie auch in der TV-Episode eine ziemliche Schnippdistel. Leider bleiben alle anderen Figuren blass: Picard und Riker wirken hilflos, Troi nervt mal wieder mal mit einem ihrer berüchtigten emotionalen Zusammenbrüche, und bei Data fällt fast nicht auf, dass er überhaupt mitspielt, obwohl er groß auf dem Cover abgebildet ist. Geordis und Beverlys Auftritte gehören zur Kategorie "ferner liefen", wie so oft. Auch die Elaysianer sind ziemlich platt und farblos dargestellt, was vor allem für Tangre Bertoran gilt, der als Gegenspieler eher lästig als interessant wirkt. Wesentlich spannender ist da schon die Idee mit den sechs völlig unterschiedlichen Kristallwelt-Spezies, von denen wir im ersten Band allerdings nur drei wirklich genauer kennenlernen. Die Kultur der Elaysianer ist nicht uninteressant, wenn sie bei mir auch ein paar Fragen aufwirft. Der Autor schreibt bespielsweise, dass kein Elaysianer seine leiblichen Eltern kenne, da die Kinder von allen Leuten gemeinsam großgezogen werden. Wenn das stimmt, dann sollte auch niemand seine Geschwister kennen, oder? Hat Melora Bashir in "Das Melora-Problem" etwa angelogen, als sie ihm sagte, der Mann auf dem Foto wäre ihr Bruder? Und als Agrarbetriebswirtin versetzte mich die Vorstellung über Getreide, das in Trögen wächst, in ziemliches Erstaunen. Scheinbar sind die Elaysianer wirklich sehr, sehr genügsam... Die Kristallwelt selbst ist sehr eindrucksvoll geschildert und hebt sich wohltuend von der Masse der üblichen erdähnlichen Klasse M-Planeten ab. Die ewigen Beschreibungen über die Schiffscrew, die mit der Schwerelosigkeit zu kämpfen hat, konnten mich aber auf Dauer nicht fesseln. Die Handlung plätschert ohne nennenswerten Spannungsaufbau dahin, bis es kurz vor Schluss doch noch eine dramatische Wendung gibt, die allerdings vorhersehbar war, weil ja sonst kein zweiter Teil nötig gewesen wäre. Fazit: "Kristallwelt 1" ist trotz des faszinerenden Schauplatzes ein mäßig interessanter Roman, dem ein flotteres Tempo sehr gut getan hätte. Er erweckte bei mir nicht unbedingt große Lust, auch den zweiten Teil zu lesen, aber natürlich werde ich es trotzdem tun - vielleicht kann mich ja die Fortsetzung überzeugen.
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