Cover des Buches Das Vermächtnis der Spione (ISBN: 9783550050121)
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Rezension zu Das Vermächtnis der Spione von John le Carré

Hervorragend

von M.Lehmann-Pape vor 6 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 6 Jahren
Hervorragend

Es ist ein Resümee. Ein langer Blick nicht vordergründig auf sein schriftstellerisches Schaffen als solches, wohl aber auf sein „Thema“. Auf die Spione des kalten Krieges. Auf George Smiley, seine berühmteste Figur. Auf die Kämpfe, Strategien, Projekte, auf Loyalität und Verrat, auf die alten, ihm und dem Leser liebgewordenen Figuren, von der „Haushälterin mit Biss“ im „geheimen Haus“ bis zu Peter Guilliam, einen engen Adlatus jener Tage, der in diesem „reflektierenden Rückblick“ die Hauptrolle einnimmt.

Da mag sich dann auch durchaus etwas verändert haben im britischen Geheimdienst. Vom neuen, imposanten Hauptquartier über die „moderne Generation“ legerer, eleganter und bissiger „Abteilungsleiter“ bis hin zu den modernen Mitteln der Kommunikation.

Aber am Ende bleibt es doch dabei. Finte und Gegenfinte, ein kluger Verstand und das gleichzeitige sich bewegen auf verschiedenen Ebenen der Wahrheit ist durch nichts zu ersetzen.

Und so kehrt der Leser zurück zum „Spion der aus der Kälte kam“, den Ereignissen vor langer Zeit, le Carrés Durchbruch zu Weltruhm, mitten hinein in den kalten Krieg, Doppel- und Dreifachagenten, Stasi, Kreml und die Londoner Geheimdienststrukturen mitsamt einem hochrangigen Verräter.

Die le Carré ebenso spannend wieder und noch einmal im Rückblick in Szene setzt, wie er das Katz- und Mausspiel der Gegenwart um eine Untersuchungsausschuss und das „Ausquetschen“ von Peter Guilliam bestens inszeniert. Auch wenn dieses Werk kein Thriller im eigentlichen Sinne ist, sondern eher ein „Abgesang“ auf den kalten Krieg und eine gewisse Haltung in den Blöcken einander gegenüber.

Und natürlich ist das Smiley. Der bis fast zum Ende des Werkes ständig präsent aber nie körperlich anwesend ist. Das spart sich le Carré sichtbar tatsächlich auf, um sein persönliches Resümee zu all diesen Jahrzehnten zu ziehen und seine Haltung in Bezug auf die „moderne, europäische Welt“ überaus prägnant mitzuteilen.

Eine gewachsene Haltung wohl, ein Gefühl, auch das beherrscht le Carré mitreißend, dass in einer Szene auf einer Brücke anhand der Person eines der Söhne der „alten Toten“ sich in aller Wucht Bahn bricht. Und zeigt, dass die „alten Regeln“ (erschießen oder anderweitig störende Personen „aus dem Spiel nehmen“) letztlich sowohl damals wie auch heute zu kurz gedacht war. Und einfach keine Lösung mehr darstellt, jetzt, wo man das alles weiß, was im Hintergrund stattfand. Ein Baum von einem Mann führt dies erschütternd vor.

Und so schließt sich der Kreis, der auf einem kleinen Bauernhof in der Bretagne an diesem fast „Ende der Welt“ mit den „zwei Kirchen“ beginnt und wiederum dort enden wird.

Das ganze in einem Stil verfasst, der auf jede Seite verdeutlicht, was den Erfolg le Carrés vor allem trägt. Sein Talent, Figuren und Geschichten so real und klar werden zu lassen, dass man die Lektüre kaum unterbrechen möchte. Und das in einem Stil und, in diesem mit einem Blick auf die Welt, der nur als „very british“ im besten Sinne bezeichnet werden kann.
Was allein schon den diskreten Umgang der Hauptfigur Peter an Liebesdinge angeht (auch wenn er einen ganz anderen Ruf genießt).

„Und Windfall war genau was, Bunny? Geben sie mir einen Hinweis. Won welcher Zeit reden wir hier“?

Von einer vergangenen, deren Fehler sich gerade wiederholen mögen im Denken der Menschen, zum einen. Und was Windfall genau war? Peter wird es Schritt für Schritt doch offenlegen müssen, bis zum bitteren Ende.

Wer einen „echten“ Smiley erwartet hat, der wird sich sicherlich enttäuscht wiederfinden. Wer aber le Carré in seinem Resümee der für ihn wichtigen Welt der Geheimdienste und des kalten Krieges begleiten möchte, findet sich in diesem Werk in bester Weise wieder.
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